Impuls
Fünf Jahre Forum Bildung Digitalisierung – von der Gründung bis Heute
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veröffentlicht am 28.03.2023
Lesezeit: 20 Minuten
Ein Rückblick in die Geschichte des Forum Bildung Digitalisierung zeigt, welche Herausforderungen die Entstehung der Stiftungsinitiative mit sich brachte und welche Früchte das Engagement heute trägt. In Gesprächen mit Initiator:innen, Mitarbeiter:innen und Weggefährt:innen aus dem Bildungsbereich wird außerdem klar: Es bleibt noch viel zu tun.
„Wir wollen heute nicht nur anstoßen, wir wollen auch miteinander diskutieren“, stimmt Moderatorin Muschda Sherzada ihr Publikum auf den fünften Geburtstag des Forum Bildung Digitalisierung am 15. März 2023 im Amplifier in Berlin ein. Rund 200 Partner:innen, Wegbegleiter:innen und Freund:innen des Vereins sind in die bekannte Eventlocation im Herzen der Hauptstadt gekommen, um gemeinsam mit den Mitgliedsstiftungen und der Geschäftsstelle des Forums die Vereinsgründung zu feiern. Schnell wird klar: An diesem Abend sollen nicht nur Erfolge geteilt, sondern vor allem auch die nächsten Schritte diskutiert werden, um auch weiterhin systemische Veränderungen im Bildungsbereich voranzutreiben.
Die Perspektive der Schüler:innen spielt am Geburtstag des Forums eine zentrale Rolle. Kernstück der Veranstaltung ist eine kritische Intervention des StadtschülerInnenrat Frankfurt am Main. Gloria Dargatz, 17 Jahre und stellvertretende Stadtschulsprecherin, beschreibt mit eindrücklichen Worten, wie Digitalisierung und Bildungsgerechtigkeit für sie zusammenhängen. „Es fehlt am modernen Zeitgeist in vielen Schulen“, kritisiert sie in ihrem Vortrag. „Erfolgreiche Digitalisierung bedeutet, dass sie fair und sozial gerecht ist. Jede:r muss die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen; niemand darf außen vor bleiben, nur weil die finanziellen Mittel fehlen.“
Der Beitrag der Schülerin zum Thema Bildungsgerechtigkeit trifft den Kern der Arbeit des Forums Bildung Digitalisierung. Schon seit seiner Gründung setzt sich das Forum dafür ein, dass digitale Bildung einen Beitrag dazu leisten kann, Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit zu stärken. Doch wie weit ist man von dieser Vision entfernt – und welche Erfolgserlebnisse gab es seit dem Entstehen des Vereins? Was waren die wichtigsten Meilensteine und wie entwickelte sich der Ursprungsgedanke seit der Gründung weiter?
Verbündete finden, Fokus schärfen: Initiierung des Forum Bildung Digitalisierung als Projekt im Jahr 2015
Die Geschichte des Forums beginnt weit vor dem offiziellen Tag der Vereinsgründung am 4. September 2017. Schon im Frühjahr 2015 bringt die Deutsche Telekom Stiftung die Initiative ins Rollen. „Die Zeit war reif, sich mit Digitalisierung zu befassen, mit ihrer Bedeutung für Schulen und andere Lernorte“, erinnert sich Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung. Mit einem Strategiepapier, in dem zum ersten Mal von einem Forum in der digitalen Gesellschaft die Rede ist, wendet er sich an die Bertelsmann Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, und die Siemens Stiftung, später auch an die Stiftung Mercator. „Wir haben gemerkt, dass wir allein nicht weiterkommen“, sagt Winter. „Wir mussten uns verbünden.“
Die Partner:innen von der Idee eines Kooperationsprojekts zum Thema Digitalisierung zu überzeugen, sei ein Leichtes gewesen. „Allen war klar, dass etwas passieren muss.“ Doch von der Idee zur ausgestalteten Kooperation ist es ein weiter Weg, mitunter auch mit einigen Hürden. Die beteiligten Stiftungen, die allesamt eigene Kulturen, Kernthemen und auch ein eigenes Selbstbewusstsein mitbringen, müssen sich auf eine gemeinsame Linie einigen. Wo liegen die Überschneidungen und Gemeinsamkeiten der Stiftungen, die sich mit so unterschiedlichen Themen wie MINT-Bildung oder Kultureller Bildung beschäftigen? Wo sollen der Fokus und die Handlungsstränge der Kooperation liegen? Und wie soll die Kooperation ausgestaltet sein?
»Wir haben gemerkt, dass wir allein nicht weiterkommen. Wir mussten uns verbünden.«
„Nicht immer lief alles glatt, einmal war es sogar kurz vor dem Auseinanderfliegen“, erinnert sich Winter. Die ersten Papiere seien fünfzig Mal hin- und hergeschickt worden, immer wieder gab es neue Anmerkungen und Ergänzungen. Im September 2015 steht schließlich das erste Konzeptpapier. Während die Deutsche Telekom Stiftung in ihrer Ursprungsidee noch die „ganze Welt der Bildung“ im Blick hatte, einigt man sich nun darauf, sich auf den Kernbereich Schule zu konzentrieren. „Wir haben gemerkt, dass wir einen Fokus brauchen, um uns nicht zu verzetteln“, sagt Winter.
Statt sich auf die unerwünschten Nebeneffekte von Digitalisierung zu konzentrieren, entscheidet sich der Stiftungsverbund für einen chancenorientierten Blick. Nicht Themen wie Cybermobbing oder Fake News sollen (zumindest zu Beginn) im Fokus stehen, sondern die Frage, wie man digitale Medien für ein besseres Lehren und Lernen nutzen könne. Drei Kernthemen werden definiert: Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien, Kompetenzen für die digitalisierte Welt sowie Veränderungsmanagement und Organisationsentwicklung.
Gerade die unternehmensnahen Stiftungen begegnen anfangs immer wieder dem Vorwurf einer Ökonomisierung von Bildung. Kritiker bemängeln, dass sie in erster Linie die Vermarktung der Produkte der Mutterunternehmen im Sinn hätten, statt die Bildungswelt wirklich voranzubringen.Solche Kritik sei angesichts der allseits anerkannten Bildungsprojekte des Forums unberechtigt, so Winter, und sie sei auch mit Blick auf die Mechanismen in der Stiftungslandschaft leicht aus dem Weg zu räumen. „Würde im hypothetischen Fall nur eine Stiftung versuchen über den Umweg des Forums Eigeninteressen durchsetzen und Geschäftsvorbereitung für das Mutterunternehmen zu machen, würden die anderen Stiftungen natürlich lautstark widersprechen.“
Impressionen aus den Gründungsjahren
Schnell wird das Forum Bildung Digitalisierung auch außerhalb der Stiftungswelt zu einem wichtigen Akteur. Schon im Juni 2016 wird es von der Kultusministerkonferenz eingeladen, um zur neuen KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ Stellung zu nehmen. Im Oktober 2016 lädt das Bundesbildungsministerium das Forum anlässlich der Bildungsoffensive „Digitale Wissensgesellschaft“ ein. Das Team rund um das Forum wächst, neben Ekkehard Winter ist Vincent Steinl „Mann der ersten Stunde“. „Wir sind sowohl beim Bund als auch bei den Ländern innerhalb von anderthalb Jahren zu dem zivilgesellschaftlichen Player im Bereich Bildung und Digitalisierung geworden“, erzählt Winter. Auch Micha Pallesche erinnert sich noch gut an diese Anfangsphase. Als Schulleiter der Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe, einer der Vorreiter-Schulen mit wegweisendem Medienprofil in Deutschland, unterstützt er das Forum von Beginn an beratend und organisatorisch. Er ist Teil der Werkstatt schulentwicklung.digital, einem bundesweiten Format von und für Schulen, um ihre Erfahrungen und Expertise mit anderen Schulen zu teilen. Und er entwickelt die erste Konferenz des Forums mit, die Werkstatt-Konferenz schulentwicklung.digital am 28. September 2016. „Das Forum ist bis heute ein Herzensprojekt für mich“, betont Pallesche. „Ich möchte die guten Praxisbeispiele aus unserer Schule nach außen tragen und multiplizieren, dafür bringe ich mich bis heute gerne ehrenamtlich ein.“ Silke Müller, Schulleiterin der Waldschule Hatten in Niedersachsen, sieht das ähnlich. Auch ihre Schule setzt früh auf Digitalisierung und wird Teil der Werkstatt schulentwicklung.digital: „Dank des Forum Bildung Digitalisierung war es erstmals möglich, aus unserem Landkreis herauszukommen.”
Impressionen aus der Werkstatt schulentwicklung.digital 2017 bis 2019
Das Forum Bildung Digitalisierung professionalisiert sich: Gründung als eingetragener Verein 2017
2017 wird aus der stiftungsübergreifenden Initiative der gemeinnützige Verein Forum Bildung Digitalisierung e. V. Die Überführung in einen Verein hat vor allem juristische Gründe: Durch Kooperationen können Organisationen unbeabsichtigt eine GbR gründen; um das zu vermeiden, entscheiden sich die Stiftungen, ihr Engagement in einem Verein zu bündeln. Auch die Arbeitsverträge des wachsenden Teams werden nun in die Geschäftsstelle des Vereins überführt. Der Tag der Vereins-Eintragung, der 4. September 2017, wird zum offiziellen Geburtstag des Forums. Nach dem Gründungsvorstand Ekkehard Winter wird im April 2018 Nils Weichert zum geschäftsführenden Vorstand des Forums.
Mit der Gründung des Vereins geht die Suche nach einem fruchtbaren Modus der Zusammenarbeit zwischen den Stiftungen weiter. „Anfangs mussten wir uns erst kennenlernen und abtasten“, erinnert sich Dirk Zorn, Direktor des Bildungsprogramms „Bildung und Next Generation“ bei der Bertelsmann Stiftung. „Mittlerweile ist bei den Stiftungen der Wunsch nach Profilierung des eigenen Hauses der Überzeugung gewichen, dass wir besser und schlagkräftiger sind, wenn wir unsere Ideen transparent teilen.“ Das heute selbstverständliche Denken in Ökosystemen und Verbünden, statt Ideen für sich zu behalten, sei vielleicht die größte Erfolgsgeschichte des Forums.
Eine zentrale Plattform für Austausch und Vernetzung – dafür stehen die Veranstaltungen des Forums.
In den Mitgliedsstiftungen ist das Engagement im Forum Bildung Digitalisierung von Beginn an eine Leitungsaufgabe. An den wichtigsten Gremien wie der Mitgliederversammlung für strategische Entscheidungen und der beratenden Arbeitsgruppe beteiligen sich Vorständ:innen und Führungskräfte, aber auch Expert:innen aus den Arbeitsbereichen der Stiftungen. „Dass das Thema überall so hoch aufgehängt ist, hat zum Erfolg beigetragen“, ist sich Zorn sicher. Auch das starke Commitment des Teams in der Geschäftsstelle sei ein zentraler Erfolgsfaktor des Forums. In der Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle beschäftige die Stiftungen bis heute folgende Frage: Wie viel Expertise auf dem Feld der digitalen Bildung bauen die Stiftungen selbst auf – und wie viel befördern sie in die Geschäftsstelle? „Das ist ein Austarieren, das uns permanent begleitet“, so Zorn, „genauso wie die Frage, wie eng man ein solches Konstrukt strategisch führen kann – und an welchen Stellen man es loslassen muss und ihm ein Eigenleben gewährt.“
Strategisch ist das Forum in den Aufbaujahren unter dem Vorstand Nils Weichert ganz dicht an den Schulen dran, was sich an Projekten wie der Werkstatt schulentwicklung.digital oder der Ausgestaltung der Konferenz Bildung Digitalisierung zeigt. „Die Konferenz diente zu Beginn vor allem der wechselseitigen Anerkennung der Pioniere an den deutschen Schulen“, fasst Zorn zusammen. Viele Early Adopter der digitalen Transformation unter den Lehrkräften seien an ihren Schulen isoliert gewesen, hätten manchmal wenig Unterstützung von Schulleitung oder Kollegium gehabt. „Bei den ersten Konferenzen hat sich gezeigt, welche Kraft darin liegt, Akteur:innen vor Ort mit Wertschätzung als Change Agents zu empowern.“
Bildungsreisen nach Dänemark, Estland und in die Niederlande haben die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung entscheidend geprägt.
Doch auch Zielgruppen aus der Politik und Bildungsverwaltung nimmt das Forum von Anfang an in den Blick – etwa mit den Bildungsreisen nach Estland 2017 und in die Niederlande 2018. Zu diesen Bildungsreisen sind Vertreter:innen der Mitgliedsstiftungen eingeladen, aber auch Akteur:innen aus der Bildungsverwaltung und Bildungspolitik. Vor allem Delegationen aus Schleswig-Holstein nehmen immer wieder an Reisen des Forums teil, darunter auch Bildungsministerin Karin Prien. Sie selbst findet: „Diese Reisen sind wichtige Impulsgeber. Wir müssen das Rad nicht immer neu erfinden, wir können auch vom guten Beispiel lernen.“ Sie habe auf den Bildungsreisen immer wertvolle Impulse erhalten, um die Erkenntnisse über Lehr- und Lernprozesse in der Kultur der Digitalität in konkrete bildungspolitische Maßnahmen zu übersetzen.
Mehr Reichweite und Wirkungskraft in der Pandemie: Strategiewechsel des Forum Bildung Digitalisierung ab 2020
Am 1. April 2020 wird Jacob Chammon neuer Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung. „Zehn Tage, bevor ich offiziell als Vorstand zu arbeiten begonnen habe, wurden wir wegen der Pandemie ins Homeoffice geschickt“, erinnert sich Chammon, „es war verrückt.“ Der gebürtige Däne und ehemalige Schulleiter der Deutsch-Skandinavischen Gemeinschaftsschule in Berlin kennt das Forum bereits seit einigen Jahren – erst als Impulsgeber von außen, seit 2019 als Projektmanager von innen. Als Vorstand muss er das Forum nun durch eine Zeit voller Ungewissheiten navigieren, die erste Mitgliederversammlung digital abhalten und gemeinsam mit dem Team neue digitale Formate entwickeln, um den Kontakt zu den Zielgruppen nicht zu verlieren. „Es war kein Tanz auf Rosen“, sagt Chammon, „aber wir sind durch diese wertvollen Erfahrungen über uns hinausgewachsen.“
Mit der Pandemie und den einhergehenden Schulschließungen und Homeschooling-Versuchen in Deutschland verstärkt sich auch das öffentliche Interesse für die Expertise des Forums. „Alle wollten mit uns reden, unsere Meinung hören, mit uns gemeinsam weiterdenken“, erzählt Chammon. Die gesteigerte Aufmerksamkeit, insbesondere von Seiten der Entscheider:innen aus Politik und Bildungsverwaltung, erhöht die Wirkungskraft des Forums. Die heterogener werdende Zielgruppe bringt aber auch neue Herausforderungen für die Kommunikation nach außen mit sich. Nicht nur „Early Adopter“ an den Schulen sollen erreicht werden, sondern auch Akteur:innen aus dem System Schule, die bislang mit der digitalen Transformation noch wenig Berührungspunkte hatten.
Ein Forum Bildung Digitalisierung ohne digitale Veranstaltungen? Seit 2020 undenkbar.
Im Rahmen der sogenannten „Strategie 2025“ stellt sich das Forum Bildung Digitalisierung den großen Fragen der zukünftigen Ausrichtung des Vereins. Künftig will das Forum die digitalen Chancen an Schulen systematischer erschließen, um seine Wirkungskraft zu steigern. Damit erweitert sich sein Fokus im Vergleich zur Anfangszeit, in der es vor allem um die Vernetzung von Good Practices ging. Fortan sollen neben Schulleitungen und ihren Teams vermehrt das kommunale Bildungsmanagement (Schulträger und Schulaufsichten), pädagogische Landesinstitute und die Bildungsverwaltung (Bund und Länder) in den Blick genommen werden, um so systemische Hebelkraft freizusetzen.
Neue Formate entstehen, um den heterogenen Bedarfen der Akteur:innen gerecht zu werden: Von niederschwelligen Impulsen bis zu längerdauernden Angeboten mit höherer Verbindlichkeit ist die Bandbreite groß. Mit dem Magazin Plan BD informiert das Forum eine breite interessierte Öffentlichkeit über diverse Themen in Zusammenhang mit Schule in der Kultur der Digitalität. Mit dem Online-Austauschformat der Community Calls sorgt der Verein für eine regelmäßige und lebhafte Debattenkultur unter den Stakeholder:innen. Mit dem LabBD wird ein intensiver Dialog- und Experimentierraum – zunächst nur für Schulträger, später auch für Schulleitungen und Schulaufsichten – initiiert. Gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) entwickelt das Forum eine mehrteilige Qualifizierung, um Schulleitungen bei der digitalen Transformation zu begleiten; später wird daraus die Schulleitungsqualifizierung BD als Kooperationsprojekt der Stiftungen. Nicht zuletzt entwickelt sich die Konferenz Bildung Digitalisierung über die Jahre zur Leitkonferenz für gute Schule in der digitalen Welt im deutschsprachigen Raum.
Durch die neuen Formate rücken auch die „Critical Friends“ und die Bildungscommunity des Forums immer enger an das Forum heran, beteiligen sich als Speaker:innen oder Gastautor:innen. Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn, begleitet das Forum schon seit den Anfangsjahren. Dessen Bemühungen, eine breitere Zielgruppe zu erreichen, begrüßt sie. „Ich selbst hatte in der Anfangszeit Sorge, dass sich im Forum nur die ohnehin vom Digitalen Begeisterten versammeln“, erzählt Eickelmann. „Schnell wurden aber auch die Öffnung und die Offenheit wahrgenommen und der Kreis erweiterte sich deutlich.“ Als Wissenschaftlerin sei das Forum für sie „wie das Gucken durch ein Schlüsselloch“: Woran arbeiten andere Wissenschaftler:innen auf dem Gebiet der digitalen Transformation? Was passiert in der Bildungspraxis, an den Schulen und in der außerschulischen Bildung? „In der Wissenschaft forschen wir immer noch zu oft im Elfenbeinturm, deshalb ist der Vernetzungsgedanke des Forums, gerade weil es sich um einen Innovationsbereich handelt, so wichtig“, meint Eickelmann. Das Forum profitiere dabei davon, dass es – anders als die Bildungspolitik – nicht in Legislaturperioden denken muss. Als zivilgesellschaftlicher Partner sei es die Aufgabe des Forums, die Ideen und Visionen der anderen Akteur:innen zusammenzuführen und weiterzuentwickeln.
»In der Wissenschaft forschen wir immer noch zu oft im Elfenbeinturm, deshalb ist der Vernetzungsgedanke des Forums so wichtig.«
Die Aktivitäten des Forums stehen nicht nur für Austausch und Vernetzung, sondern vor allem auch für ko-kreative Zusammenarbeit.
Das Forum auf Wachstumskurs: Mehr Aufgaben, mehr Mitarbeiter:innen und mehr Themen ab 2021
Parallel zur Geschichte des Forum Bildung Digitalisierung wandelt sich auch die Bildungslandschaft in Deutschland. Mit den Erkenntnissen aus der Pandemiezeit, den zusätzlichen Förderlinien des Bundesbildungsministeriums und der Unterstützung durch den DigitalPakt Schule nimmt die digitale Transformation an den Schulen Fahrt auf. Das Forum stärkt seine Stellung als wichtiger Akteur auf diesem Gebiet: als Navigator für notwendige und politische Entscheidungen, als Convenor und Plattform für Austausch und Vernetzung und als Experte und Kurator bezüglich geeigneter Themen, Konzepte und Strategien.
Mit den Jahren ist auch der Kreis der Mitgliedsstiftungen des Forums gewachsen. Im Januar 2021 kommt die Wübben Stiftung als neuntes Mitglied hinzu, was den Fokus des Forums auf Themen wie Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen stärkt. „Die digitale Transformation hat auch Auswirkung auf Bildungsgerechtigkeit“, sagt Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung. „Digitalisierung kann einerseits bestehende Entwicklungen hin zu mehr Bildungsungerechtigkeit verstärken – man denke an den Digital Divide – bietet aber andererseits auch viele Chancen, etwa durch adaptives Feedback oder diagnostische Verfahren.“ Um den Austausch darüber zu fördern, engagiere sich die Wübben Stiftung im Forum.
Doch nicht nur die Themenpalette wird breiter, auch das Wirkungsfeld wächst: Ab Juni 2021 übernimmt das Forum Bildung Digitalisierung die Koordination des Netzwerk Bildung Digital, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird und den Austausch von Akteur:innen aus allen Bildungsbereichen entlang der gesamten Bildungskette unterstützt. Zum ersten Mal hat das Forum damit nicht nur Schulen im Blick, sondern die gesamte Bildungslaufbahn – von der Kita über die (Berufs-)Schule bis zur Erwachsenenbildung. Auch der Bereich der außerschulischen Bildung erlangt an Bedeutung.
Johanna Börsch-Supan leitet die Abteilung für Allgemeine und berufliche Bildung und lebensbegleitendes Lernen am BMBF. „Der bildungsbereichsübergreifende Ansatz, den das Forum mit dem Netzwerk Bildung Digital vorangetrieben hat, ermöglicht es, Synergien, Potenziale, aber auch Leerstellen von Bildung in der Kultur der Digitalität zu erkennen“, sagt Börsch-Supan. „Gemeinsam haben wir dadurch innovative Best Practices, Projekte und Initiativen sichtbar machen können, die zur Stärkung digitaler Potenziale beitragen werden.“
»Dieser Spirit, etwas bewirken zu wollen, ist bei jedem Teammitglied zu spüren. Man merkt diese Energie, die beim Arbeiten dahintersteckt.«
Auch Stephanie Kowitz-Harms, Leiterin der Geschäftsstelle von MINTvernetzt, einer Dachvereinigung für die außerschulische MINT-Bildung in Deutschland, begrüßt die Ausweitung des Wirkungsfeldes des Forums. „Anfangs beschränkten sich die Aktivitäten des Forums größtenteils auf die Schule, mittlerweile gibt es einen viel stärkeren Konsens, dass auch außerschulisches Lernen Teil der Veränderung sein muss“, so Kowitz-Harms. Dass das Forum Menschen aus unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Expertisen, aber mit dem gleichen Mindset miteinander vernetze, sieht sie als den größten Gewinn.
Die gewachsenen Aufgaben verlangen freilich nach einem größeren Team in der Geschäftsstelle. Philipp Schulz ist Projektmanager und Kommunikationsverantwortlicher des Forum Bildung Digitalisierung und hat diese Entwicklung miterlebt. „Der größte Wow-Effekt ist das Wachstum des Forums“, sagt Schulz. Als er 2018 als Werkstudent eingestiegen sei, habe er sieben Kolleg:innen gehabt, mittlerweile seien es fast 25. Weil das Team in der Geschäftsstelle relativ konstant geblieben sei, hätten sich alle Mitarbeiter:innen über die Jahre stetig professionalisieren können. „Wir hängen alle sehr an dem Thema. Wir wollen etwas bewegen und erreichen – und dieses Streben nach Selbstwirksamkeit ist im zivilgesellschaftlichen Bereich das A und O“, meint Schulz. Sein Kollege Eric Stefanov, Werkstudent und Lehramtsstudierender, ergänzt: „Dieser Spirit, etwas bewirken zu wollen, ist bei jedem Teammitglied zu spüren. Man merkt diese Energie, die beim Arbeiten dahintersteckt.“
Zurück zum Ursprung – oder auch nicht: Wohin geht die Reise des Forum Bildung Digitalisierung ab 2023?
Die Mission von Stiftungen ist es, Leerstellen zu füllen und Aufgaben zu übernehmen, die das staatliche System aktuell nicht erfüllen kann – jedoch stets mit einer „Definition of Done“ im Hinterkopf, dem Ziel also, sich irgendwann überflüssig zu machen. Wie weit ist das Forum Bildung Digitalisierung diesem Ziel nähergekommen? „Bei diesem Thema wird es schwerlich bald der Fall sein“, fasst Ekkehard Winter zusammen, „das Forum werden wir mit großer Sicherheit auch in fünf Jahren noch brauchen.“ Durch aktuelle Entwicklungen wie ChatGPT zeichne sich ab, dass der digitale Wandel immer neue Herausforderungen für unser Bildungssystem mit sich bringe – und damit auch für das Forum Bildung Digitalisierung.
Das Team der Geschäftsstelle ist über die Jahre stetig angewachsen.
„Dem Forum ist es in den vergangenen fünf Jahren gelungen, ein starkes Netzwerk an Akteur:innen aufzubauen, die gemeinsam an einem Strang ziehen, um eine nachhaltige digitale Transformation im Bildungsbereich gelingen zu lassen“, ergänzt Nina Smidt, Geschäftsführende Vorständin und Sprecherin der Siemens Stiftung. „Schon in den ersten Jahren konnte es wichtige Impulse für systemische Veränderungen leisten. Ich bin mir sicher, dass es diese Wirkung in Zukunft weiter erfolgreich ausbauen wird.“
Auch Partner:innen aus der Zivilgesellschaft freuen sich auf fünf weitere Jahre Forum Bildung Digitalisierung: „Das Forum gibt gerade der Zivilgesellschaft eine starke Stimme und leistet damit einen Beitrag, damit Kinder und Jugendliche Kompetenzen entwickeln, um in einer globalisierten und digitalen Gesellschaft ein erfolgreiches, selbstbestimmtes und an solidarischer Gemeinschaft orientiertes Leben zu führen“, sagt Anne Lützelberger, stellvertretende Leiterin der Pacemaker Initiative. „In den nächsten fünf Jahren wird das Forum weiterhin die Aufgabe haben, die vielen guten Ideen aus der Praxis in die Breite zu tragen und die Bildungspolitik dabei zu unterstützen, diese Ideen strukturell im System zu verankern.“
Die Aufgabenliste bleibt lang: Zwar ist die Finanzierung des Netzwerk Bildung Digital im Frühjahr 2023 ausgelaufen. Doch ein neues Projekt steckt schon in den Startlöchern: Das Forum Bildung Digitalisierung wird die Vernetzungs- und Transferstelle im Rahmen des Forschungs-, Innovations- und Transferprojekts „Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung“ ausgestalten, ein ebenfalls vom BMBF gefördertes Projekt.
„Mit dem neuen Projekt kommen wir zurück zu unserem Kern“, so Jacob Chammon. Vom Exkurs in die Breite habe das Forum enorm profitiert – nun sei es an der Zeit, sich mit all den neuen Inputs im Kopf wieder auf die Kernthemen zu konzentrieren. „Wir können heute ernten, was wir seit der Anfangszeit gesät haben“, so Chammon, der das Vorstandsamt demnächst abgeben wird, um als Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung eine neue Herausforderung zu suchen. Für das Forum und einen neuen Vorstand sieht er noch viele Aufgaben. „Heute können wir die Wirkung unserer Arbeit sehen und messen. Doch wir müssen weiterhin dranbleiben, mit dem grandiosen Team in der Geschäftsstelle, aber auch mit den Stiftungen und unseren Partner:innen aus Bildungspraxis, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.“
»Das Forum gibt gerade der Zivilgesellschaft eine starke Stimme.«
Glückwünsche aus der Community: Weiter so!
In Berlin neigt sich der Parlamentarische Abend einstweilen dem Ende zu. Die Gäste aus Bildungspraxis, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft lassen sich die Gelegenheit nicht nehmen, dem Forum Bildung Digitalisierung ein paar Wünsche für die kommenden Jahre mitzugeben. Myrle Dziak-Mahler, Kanzlerin der Alanus Hochschule in Bonn, gratuliert mit einem persönlichen Rück- und Ausblick: „Ich bin mega stolz, vom ersten Tag an Teil dieser Community zu sein – und freue mich total auf die nächsten fünfzig gemeinsamen Jahre!“ Kim Klebolte, Geschäftsführerin der Initiative Digital für alle, wünscht sich für die Zukunft des Forums vor allem: „dass es sich immer wieder wie ein großes Klassentreffen anfühlt – so wie heute auch!“