Ralph Müller-Eiselt: „Eine positive Haltung bedeutet nicht, die Risiken außer Acht zu lassen“
Foto: Phil Dera
Interview

Ralph Müller-Eiselt: „Eine positive Haltung bedeutet nicht, die Risiken außer Acht zu lassen“

von Anja Reiter
mit Jacob Chammon und Ralph Müller-Eiselt
veröffentlicht am 24.01.2024
Lesezeit: 13 Minuten

Im Oktober 2023 hat Ralph Müller-Eiselt das Amt des geschäftsführenden Vorstands des Forum Bildung Digitalisierung von Jacob Chammon übernommen. Im Doppelinterview sprechen die beiden Bildungsexperten über chancengerechte und teilhabeförderliche digitale Bildung, die gelungene Balance aus Zukunftsoptimismus und Risikoabwägung – und darüber, wie eine Kultur des Teilens zwischen Stiftungen gelingen kann.

Wie hält man einen gemeinnützigen Verein zusammen, in dem sich insgesamt zehn große Stiftungen engagieren? Wie gelingt der Austausch mit Politik und Verwaltung, den Schulen, der Wissenschaft und Akteuren aus der Zivilgesellschaft? Und welche neuen Akzente sind notwendig, um die digitale Transformation in der Bildung voranzutreiben, ohne mögliche Risiken von Künstlicher Intelligenz (KI) und digitaler Technologie aus dem Blick zu verlieren? Im Interview tauschen sich die beiden Bildungsexperten Jacob Chammon und Ralph Müller-Eiselt über diese Fragen aus. Seit Oktober 2023 ist Ralph Müller-Eiselt neuer geschäftsführender Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung. Damit folgt er auf Jacob Chammon, seit August 2023 Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung in Bonn. 

Beide bringen jahrzehntelange Erfahrung in den Bereichen Bildung und Digitalisierung mit: Ralph Müller-Eiselt war fast 13 Jahre für die Bertelsmann Stiftung tätig, beschäftigte sich dort zuletzt als Programmdirektor mit den Auswirkungen von KI und Algorithmen auf Bildung und Gesellschaft. Jacob Chammon sammelte vor der Stiftungsarbeit Schulerfahrung in seiner dänischen Heimat – und als Schulleiter der Deutsch-Skandinavischen Gemeinschaftsschule in Berlin. Was brauchen Schulen in Deutschland, um sich noch besser in der Kultur der Digitalität entwickeln zu können – und welche unterstützende Rolle können Stiftungen mit ihrem Engagement dabei spielen?

Lieber Ralph, seit Oktober 2023 bist du neuer Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung. Davor warst du fast 13 Jahre bei der Bertelsmann Stiftung tätig, zuletzt als Direktor der Programme „Megatrends“ sowie „Digitalisierung und Gemeinwohl“. Von Gütersloh nach Berlin: Was hat dich an der neuen Aufgabe beim Forum Bildung Digitalisierung gereizt?

Ralph Müller-Eiselt: Die Arbeit im Forum Bildung Digitalisierung ist ein echter Traumjob! Hier kann ich die beiden Motive zusammenbringen, zu denen ich im letzten Jahrzehnt gearbeitet habe: Chancengerechtigkeit in der Bildung und teilhabeförderliche Digitalisierung. Außerdem schätze ich das kollaborative Umfeld beim Forum Bildung Digitalisierung: Wir haben nicht nur ein hervorragendes Team in der Geschäftsstelle und Netzwerk in den Mitgliedsstiftungen, sondern arbeiten auch intensiv mit Stakeholdern aus der Politik, den Schulen, der Verwaltung und den Universitäten zusammen. In dieser Form ist das wirklich einmalig in Deutschland.

Lieber Jacob, du bist den umgekehrten Weg gegangen – vom Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung zum Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung, einer der größten Bildungsstiftungen Deutschlands. Welche Themen habt ihr bei der Übergabe besprochen?

Jacob Chammon: Erklären musste ich Ralph nur wenig. Er begleitet das Forum vonseiten der Bertelsmann Stiftung seit dessen Gründung und hat immer wieder an unterschiedlichen Entwicklungsstadien mitgearbeitet. Neu ist sein Aufgabenbereich als Vorstand: Nun muss er nicht nur inhaltliche, sondern auch gesamtorganisationale Fragen im Blick haben. Welche strategischen Entscheidungen wurden in den vergangenen Gremiensitzungen schon getroffen, wo gibt es noch Spielraum? Wie läuft die Personal- und Finanzplanung? Über solche Themen haben wir in der Übergabe gesprochen.

Ralph Müller-Eiselt: Für mich ist es wie Heimkommen. Vor sieben Jahren habe ich an der Gründung des Forums intensiv mitgearbeitet. Nun darf ich erleben, was aus dieser Organisation geworden ist. Ich darf die Früchte der letzten Jahre ernten – und als Vorstand nicht nur inhaltliche Weichen stellen, sondern zusammen mit dem Team die Organisation als Ganzes weiterentwickeln. Auf diesen Lernprozess freue ich mich.

Der Claim des Forum Bildung Digitalisierung lautet: „Wir machen Potenzial aus digital“. Ralph, du hast dich in der Vergangenheit nicht nur mit den Potenzialen, sondern auch mit den Risiken von KI und Digitalisierung auseinandergesetzt. Wie erreicht man eine Balance aus Risikoabwägung und Zukunftsoptimismus?

Ralph Müller-Eiselt: Mein Anliegen ist es, Digitalisierung, Algorithmen und KI an Schulen nicht als ein weiteres Problem zu betrachten, sondern als Chance. Digitalisierung kann genutzt werden, um Herausforderungen wie den Ganztagsausbau, Inklusion, Integration und individuelle Förderung besser zu meistern. Schüler:innen können dank digitaler Tools eine an ihren Lernstand angepasste Förderung erhalten, ohne sich zu langweilen oder überfordert zu sein. Lehrkräfte können sich von digitalen Tutoren unterstützen lassen, um sich im Unterricht auf das Wesentliche zu konzentrieren. Diese Haltung zu fördern, heißt nicht, den Blick auf die Risiken zu vergessen. Ganz im Gegenteil! Wir müssen uns aktiv mit Herausforderungen wie Cybermobbing oder digitaler Desinformation auseinandersetzen. Insofern brauchen wir einen Fokus auf die Qualifizierung und Kompetenzentwicklung – sowohl bei den Schüler:innen als auch bei den Lehrkräften. Das ist ein wichtiger Hebel, um eine positive, aber nicht unkritische Haltung zur Digitalität zu fördern.

Wie hat sich die Debatte zu den Potenzialen und Risiken von KI in den letzten Jahren entwickelt?

Jacob Chammon: Ich habe das Forum im April 2020 übernommen –  eine Woche nachdem wir alle in den ersten Lockdown nach Hause geschickt wurden. Durch Corona hat sich der Blick auf Digitalität in der Schule völlig verändert. Alle sind zu Lernenden geworden. Plötzlich haben uns Journalist:innen und Politiker:innen zurückgerufen, die uns als Expert:innen hören wollten. Blaupausen gab es keine, stattdessen waren Mut und Pragmatismus gefragt. Es war ein bisschen wie im Wilden Westen: Wir haben viel ausprobiert und sind mutig nach vorne geschritten. Nun wissen wir, dass wir digital arbeiten können – haben aber auch Zeit, kritisch zu hinterfragen, wo wir digitale Medien auch sinnvoll einsetzen wollen.

»Digitalisierung kann genutzt werden, um Herausforderungen wie den Ganztagsausbau, Inklusion, Integration und individuelle Förderung besser zu meistern.«

Ralph Müller-Eiselt

Wo willst du hier neue Akzente setzen, Ralph?

Ralph Müller-Eiselt: Zunächst möchte ich auf den Stärken des Forums aufbauen, etwa auf den tollen Formaten: die Konferenz Bildung Digitalisierung als Ort der Vernetzung oder die Qualifizierungsangebote für Schulleitungen und ihre Teams, die inzwischen in elf Bundesländern laufen. Daneben gibt es einige aktuelle Themen, die mich beschäftigen: Wie gehen wir mit KI in der Schule um? Wie gelingt es, Future Skills und Basiskompetenzen von Schüler:innen gemeinsam zu kultivieren, also mithilfe von Kollaboration, Kreativität, Kritischem Denken und Kommunikation auch das Lesen, Schreiben und Rechnen zu fördern? Nicht zuletzt möchte ich die Beteiligung von Schüler:innen stärken, womit das Forum auch bereits begonnen hat. Im bildungspolitischen Diskurs müssen wir Schüler.innen viel stärker einbinden und ihre Perspektive als Betroffene besser nutzen.

Die Vision des Forum Bildung Digitalisierung ist ein chancen- und teilhabegerechtes Bildungssystem. Wie könnte dieses aussehen?

Ralph Müller-Eiselt: Meine Vision einer teilhabeförderlichen digitalen Bildung erstreckt sich über die gesamte Bildungskette: Das geht los beim Zugang zu Lernangeboten. Diese müssen unabhängig von der sozialen Herkunft für alle zur Verfügung stehen. Auch die Frage des individualisierten Lernens ist eine Frage der Teilhabe: Kann jede:r so lernen, wie es für die jeweilige Person am besten ist? Hier nicht nur klassische Methoden zu nutzen, sondern auch Gaming und spielerisches Lernen, kann die Motivation steigern und damit für eine bessere Teilhabe sorgen. Auch bei der Orientierung im Bildungsdschungel nach der Schule können digitale Möglichkeiten helfen: Wenn das Elternhaus bei der Ausbildungs- oder Studienentscheidung nicht so tatkräftig unterstützen kann, sollten junge Leute sich mit digitaler Hilfe auf dem Arbeitsmarkt und bei der Suche nach weiterführenden Bildungsmöglichkeiten zurechtfinden können.

Nicht zuletzt durch Jacobs dänischen Hintergrund blickte das Forum Bildung Digitalisierung in den letzten Jahren vermehrt nach Skandinavien. Welche Regionen findest du interessant, um Inspiration zu holen?

Ralph Müller-Eiselt: Ich hatte die Gelegenheit, vor allem die USA sehr intensiv kennenzulernen. Die Erkenntnisse daraus sind auch in unser Buch „Die digitale Bildungsrevolution“ eingeflossen. Die Thesen sind nach wie vor aktuell: Einerseits gibt es in den USA spannende Bildungs-Start-ups und viele Vorreiter-Schulen, die sehr große Freiheit haben. In der Breite können die USA trotzdem kein Vorbild sein, weil es auf der anderen Seite auch viele negative Ausschläge gibt. Die Spreizung ist einfach riesig, noch viel größer als in Deutschland. Spannend finde ich, sich auch kleinere Länder anzuschauen, weil das oft interessante Labore sind: In Estland hat man das Digitale zur Staatsräson gemacht, das schlägt sich auch in der Bildung nieder. In Uruguay hat man schon vor zehn Jahren angefangen, landesweite Lizenzen mit vielversprechenden Start-ups zu verhandeln – das ist inspirierend. Man findet in solchen Ländern gute Argumente für den deutschen Diskurs: Wenn so etwas in Uruguay funktioniert, warum dann nicht in Deutschland?

Damit die Vision eines chancen- und teilhabegerechten Bildungssystems zum Leben erweckt werden kann, müssen auch die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Was konnte das Forum Bildung Digitalisierung dahingehend erreichen?

Jacob Chammon: Als ich 2019 zum Forum gekommen bin, wusste die breite Öffentlichkeit kaum etwas über die Aufgabenteilung für eine gelingende digitale Transformation im Bildungssystem. Wer kauft eigentlich digitale Tools für Schulen ein, wer kümmert sich um die digitale Infrastruktur? Wir haben eine Expertise zu Schulträgern in Deutschland veröffentlicht und darin erklärt, wie der Status quo ist und wo wir Herausforderungen im Handlungsfeld der Digitalisierung sehen. Daraus ist das Projekt Lab BD entstanden, in dem wir Schulträger, Schulleitungen und die Schulaufsicht vernetzt haben. Diese Vernetzung der einzelnen Systemebenen ist insbesondere bei Querschnittsthemen wie der Digitalisierung enorm wichtig. Auch auf der Ebene der Politik ist es dem Forum gelungen, Orte zu schaffen, an denen Entscheider:innen aus dem Bundesministerium und den Landesministerien niedrigschwellig zusammenkommen und sich auf fachlicher und persönlicher Ebene austauschen können. Unsere Erfahrung ist: Rahmenbedingungen müssen groß gedacht, aber klein gelebt werden.

»Rahmenbedingungen müssen groß gedacht, aber klein gelebt werden.«

Jacob Chammon

Wie gelingt es, dass alle sich auf den Austausch einlassen und Vertrauen schöpfen?

Jacob Chammon: Als Forum sind wir ein neutraler Ansprechpartner. Unsere einzige Mission: Wir wollen bessere Bildung für alle! Die Trägerschaft von zehn Stiftungen ist eine große Stärke. So können wir mit allen Leuten reden, ohne finanzielle Unterstützung fordern zu müssen. Wir fordern ein aktives Mitgestalten, geben aber auch immer ein Angebot mit. 

Ralph Müller-Eiselt: Neutralität ist ein wesentlicher Faktor, genauso wie Unabhängigkeit. Durch die Trägerstiftungen im Hintergrund entsteht eine Legitimation, aber eben auch eine Offenheit, nicht mit vorgefertigten Meinungen und Konzepten in Gespräche zu gehen, sondern im Sinne der Sache mit allen gemeinsam nach konkreten Lösungen zu suchen. Das sorgt für Vertrauen.

In den Veranstaltungen des Forum Bildung Digitalisierung wurden in den letzten Jahren nicht nur Akteure aus der Politik und Bildungsverwaltung adressiert, sondern auch Lehrkräfte und Schulleitungen. Waren zu Beginn vor allem Early Adopters aktiv, wächst das Netzwerk von Jahr zu Jahr. Werdet ihr noch weiter in die Breite gehen?

Ralph Müller-Eiselt: Wir werden mit den Aktivitäten des Forums nie alle erreichen können, das ist klar. Unser Angebot wird sich daher immer primär an Multiplikator:innen richten. Der Kompetenzverbund lernen:digital spielt eine große Rolle, um Wissen in die Breite zu tragen: Hier geht es um die Professionalisierung von Lehrkräften, um Fragen der Aus- und Weiterbildung und um den Transfer von Erkenntnissen aus der Wissenschaft in die Praxis. Der systemische Hebel dafür ist die Zusammenarbeit mit den Landesinstituten für Lehrerfortbildung und Schulentwicklung, die erprobte Konzepte adaptieren und in die eigenen Angebotsstrukturen aufnehmen können. Das wird sich perspektivisch auch auf die digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte auswirken und auf Ebene des Unterrichts auch den Schüler:innen zugutekommen.

Jacob Chammon: Als Forum mussten wir uns immer fokussieren – und haben eher auf die Leitungs- und Entscheidungsfunktionen bei den Akteuren im System abgezielt. In der Strategieentwicklung war die Lehrkräftebildung immer ein blinder Fleck. Die Möglichkeit, über den Kompetenzverbund lernen:digital auch Lehrkräfte direkt zu erreichen, ist daher eine tolle Chance, um diesen blinden Fleck auf der Stakeholder-Karte zu füllen.

Demnächst läuft der DigitalPakt Schule aus, doch der Bedarf an Mitteln zur Digitalisierung von Schulen ist nach wie vor groß. Wie müsste ein Digitalpakt 2.0 aussehen?

Jacob Chammon: Wichtig ist, dass eine nachhaltige Finanzierung stattfindet. Es kann nicht sein, dass wir von Legislaturperiode zu Legislaturperiode hetzen. Es muss eine langfristige, auf Dauer aufgesetzte Lösung für Bund, Länder und Kommunen geben. Diese konkret auszugestalten, ist nicht die Aufgabe des Forums. Wichtig ist, dass Schulen Handlungssicherheit haben: Es darf nicht sein, dass Lehrkräfte nicht wissen, ob das Internet heute funktioniert oder Geräte zur Verfügung stehen. Wichtig ist aber auch die länderübergreifende Zusammenarbeit. Es darf nicht 16 unterschiedliche Insellösungen geben, stattdessen müssen länderübergreifende Vereinbarungen getroffen werden. Was sind die Grundvoraussetzungen für Lehrkräfte überall in Deutschland, um gut arbeiten zu können? Hier müssen Standards definiert werden, damit es nicht von meinem Wohnort abhängt, ob ich eine gut oder schlecht ausgestattete Schule besuche. 

Ralph Müller-Eiselt: Aus meiner Sicht sollte man beim Digitalpakt 2.0 drei Punkte stärker in den Blick nehmen: Erstens muss der Weg zu einer dauerhaften Finanzierung geebnet werden, damit etwa die Anschaffung und Wartung von Geräten nicht aus Projektmitteln, sondern aus Haushaltsmitteln bezahlt werden kann. Zweitens muss jenseits der Infrastruktur auch in eine Fortbildungsoffensive investiert werden. Drittens braucht es eine bedarfsgerechte Finanzierung –   mit der föderalen Gießkanne „Königssteiner Schlüssel“ kommt das Geld nicht immer dort an, wo es für Teilhabe und Chancengerechtigkeit am meisten gebraucht wird.

Wie viel Alarmismus ist angebracht, um auf die Zustände in Schulen aufmerksam zu machen?

Jacob Chammon: Wir helfen den Schulen nicht, wenn wir sagen, dass alles schiefläuft. Trotzdem muss man festhalten: Wenn in Berlin die Hälfte der Schüler:innen die Basiskompetenzen nicht erreicht, ist das nicht gut. Die Frage ist nur: Wie gehen wir als Zivilgesellschaft damit um? Bei meiner Arbeit für das Forum Bildung Digitalisierung habe ich gelernt, dass es nur im Miteinander mit der Politik geht; das nehme ich auch in die Deutsche Telekom Stiftung mit. Wir müssen der Politik die Hände entgegenstrecken und brauchen ein gemeinsames Zielbild – oder zumindest ein  gemeinsames Bild der Herausforderungen. Dann können wir konstruktiv an Lösungen arbeiten.

Ralph Müller-Eiselt: Ich neige nicht zu Alarmismus. Trotzdem ist es interessant, dass der PISA-Schock vor 20 Jahren groß war – mittlerweile aber ähnlich unangenehme Ergebnisse deutlich weniger öffentliche Resonanz erzielen. Hier ist es die Aufgabe von Zivilgesellschaft und Stiftungen, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen und gleichzeitig konstruktive Lösungsangebote zu machen.

Ihr beide kennt die Stiftungswelt in Deutschland sehr gut, durch eigene berufliche Stationen, aber auch durch eure Netzwerke. Wie gut sind Bildungsstiftungen darin, die Kultur der Digitalität gemeinsam voranzubringen?

Jacob Chammon: Als Einzelstiftung will man natürlich gute Ergebnisse erzielen, durch eigene Projekte in der Welt wahrgenommen werden. Zum Glück hat auch die Deutsche Telekom Stiftung eine Geschichte darin, Menschen zusammenzubringen und gemeinsam Projekte voranzutreiben. In meiner neuen Funktion als Geschäftsführer bekomme ich mit, dass andere Stiftungskooperationen mitunter neidisch auf das Forum Bildung Digitalisierung blicken. Das Forum hatte keine einfachen Startbedingungen, hat unterwegs aber Flügel bekommen. 

Ralph Müller-Eiselt: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Gemeinsam sind Stiftungen am stärksten. Zu diesem Kulturwandel hat das Forum aus meiner Sicht erheblich beigetragen. Am Anfang waren die unterschiedlichen Kulturen der beteiligten Stiftungen nicht immer kompatibel, inzwischen ist das gegenseitige Vertrauen groß. Heute nutzen die Stiftungen den Rahmen des Forums zum Lernen. Diese Kultur des Teilens, die wir als Forum für die Schulen fordern, wird auch zwischen den Stiftungen ganz aktiv gelebt. Hier herrscht heute Kooperation statt Konkurrenz.

Anja Reiter

Anja Reiter arbeitet als freie Journalistin in Bonn, vor allem zu Bildungs-, Umwelt-, Digitalisierungs- und Gesellschaftsthemen. Zu ihren journalistischen Auftraggebern zählen Die ZEIT, die Süddeutsche Zeitung und das Greenpeace Magazin. Daneben hilft sie bei der Konzeption von Magazinen, gibt Workshops für journalistischen Nachwuchs und moderiert Podiumsdiskussionen. Außerdem ist sie im Vorstand der Freischreiber aktiv, dem Berufsverband der freien Journalist:innen. 

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