Bildungsregion Kreis Gütersloh: In den Austausch kommen
Foto: Bertelsmann Stiftung / Zentrum für Digitale Bildung und Schule
Impuls

Bildungsregion Kreis Gütersloh: In den Austausch kommen

von Klaus Lüber
veröffentlicht am 29.09.2022
Lesezeit: 14 Minuten

Wer den digitalen Wandel im Bildungssystem vorantreiben will, muss verantwortungs- und bereichsübergreifend arbeiten. Dies zeigt das Projekt „Schule und digitale Bildung“ im Kreis Gütersloh. 2017 auf Initiative der Bertelsmann Stiftung und der Reinhard Mohn Stiftung in Zusammenarbeit mit der Bildungsregion Kreis Gütersloh gestartet, bringt es vor allem Schulträger, Schulaufsicht und Schulleitungen in den engen Austausch miteinander. Nach fünf Jahren Laufzeit wurde das Projekt nun um weitere maximal fünf Jahre verlängert.

Es ist wie so oft in der deutschen Bildungslandschaft: Wenn der Impuls zur Veränderung kommt, ist diese eigentlich schon da. Vieles liegt bereits auf dem Tisch, Strukturen sind geschaffen, Ziele und Leitlinien formuliert, Prozesse angestoßen und Projekte umgesetzt. So jedenfalls erinnert sich Michael Uhlich, Leiter der Abteilung Schule der Bezirksregierung Detmold, an das Jahr 2017, als zwei Stiftungen mit der Idee auf ihn zukamen, digitale Bildung in der Region voranzubringen: „Ich dachte mir: Eigentlich machen wir das ja schon seit Jahren in unseren lokalen Bildungsnetzwerken. Aber gleichzeitig habe ich natürlich auch die Chance gesehen, etwas mehr Dynamik in den Prozess zu bringen.“

Bildungsregion Kreis Gütersloh

Als Schulaufsicht ist Uhlich für die Region Ostwestfalen-Lippe zuständig. 600 Schulen und 22.000 Lehrer:innen sind das, verteilt auf sechs Kreise und die kreisfreie Stadt Bielefeld. Für das Projekt „Schule und digitale Bildung“, initiiert von der Bertelsmann Stiftung und der Reinhard Mohn Stiftung, hatte man einen ganz spezifischen Aktionsradius vorgesehen: die 13 Städte und Gemeinden des Kreises Gütersloh. „Und genau hier waren im Rahmen der Bildungsregion Kreis Gütersloh schon Strukturen geschaffen worden, auf die man aufbauen konnte“, so Uhlich. 

Seit 2008 arbeiten Kreis und Bezirksregierung im Rahmen einer „Kooperationsvereinbarung zur Gestaltung einer Regionalen Bildungslandschaft“ etwa daran, „klassische Zuständigkeiten von Land und Kommune, Schulaufsicht und Schulträger, aber auch von Schule und außerschulischer Bildung durch gemeinsam praktizierte Verantwortlichkeit zu öffnen“. Oder, in anderen Worten, im Bereich der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung endlich Schluss zu machen mit der Trennung zwischen inneren und äußeren Schulangelegenheiten.

Genau dies war die Stimmung bei Susanne Koch, als sie von dem Projekt „Schule und digitale Bildung“ erfuhr. Für den Schulträger Kreis Gütersloh verantwortet sie als Kreisdirektorin und Dezernentin Bildung gemeinsam mit Sandra Jürgenhake, die seit Juli 2019 die Abteilung Bildung leitet, die technische Ausstattung von insgesamt 18 Schulen. Zusammen mit Michael Uhlich sowie Vertretungen der Bürgermeister:innen, der Schulaufsicht und dem Bildungsbüro bilden sie den Lenkungskreis, das oberste Gremium der Bildungsregion Kreis Gütersloh. „Wir haben schon lange vor der Initiative der beiden Stiftungen gemerkt, dass unsere Rolle als reiner technischer Ausstatter in Fragen der digitalen Unterrichtsentwicklung so nicht mehr funktioniert“, erzählt Koch. „Das hat mit den sogenannten Medienräumen, wie es sie früher an den Schulen gab, gar nichts mehr zu tun.“ Die digitale Vollausstattung, ergänzt Jürgenhake, sei eben mit der pädagogischen Frage so verwoben, dass der Ausstatter wissen müsse, wie genau etwas im Unterricht eingesetzt werden soll. „Sonst haben sie technische Konzepte, die nicht dem entsprechen, was pädagogisch geplant ist. Die einzige Lösung für uns war: Land und Kommune, Schulaufsicht und Schulleitungen müssen in Dialog miteinander treten.“

Zentrum für digitale Bildung und Schule

Sowohl Uhlich als auch Koch waren angenehm überrascht von den ersten Gesprächen mit den Stiftungen. „Die Perspektive hätte ja sein können: Wir machen das jetzt on top. Da sind wir vielleicht etwas schneller und flexibler. Aber nachdem klar war, dass wir genau das nicht wollten, wurde entschieden: Nein, wir integrieren das in eure bestehenden Strukturen“, berichtet Uhlich. Für Koch war dies eine der Grundvoraussetzungen, um möglichst schnell alle relevanten Akteure an einen Tisch zu bringen. „Die Stiftungen hatten eine Vision, wir haben unsere Rolle darin gesehen, den Weg dahin zu ebnen. Das kann aber nur gelingen, wenn man von Anfang an alle im Boot hat und mit in Entscheidungsprozesse einbindet“, erzählt Koch.

Und so wurde im ersten Schritt das Zentrum für digitale Bildung und Schule (ZdB) gegründet, das als Geschäftsstelle eng mit den Gremien der Bildungsregion interagiert. Darunter fallen der Lenkungskreis und das Leitungsteam auf Entscheiderebene, das Bildungsbüro als Koordinierungseinheit, das in seinen Arbeitskreisen die Interessen und Bedarfe von Schulverwaltung, Schulaufsicht und Schulleitungen der Bildungsregion zusammenbringt, sowie das Kompetenzteam als Schnittstelle zur Schul- und Unterrichtsentwicklung. ZdB-Geschäftsführer Christian Ebel erinnert sich noch gut an den Start des Projekts: „2017 gab es die ersten vorsichtigen Treffen mit Gemeinden und Städten des Kreises. Besonders Frau Koch und Herr Uhlich waren da als Fürsprecher:innen sehr hilfreich. Trotzdem wussten wir nicht so recht, wie das dann vor Ort aufgenommen werden würde.“

Foto: Bertelsmann Stiftung / Zentrum für Digitale Bildung und Schule

Christian Ebel (rechts), Geschäftsführer Zentrum für digitale Bildung und Schule

Vom Erfolg überrascht

Über die Vollversammlung der Schulleitungen, die das Bildungsbüro im Zweijahresturnus abhält, kam man schnell in Kontakt zu den einzelnen Schulen. „Wir haben im ersten Schritt mit vielleicht 30 bis 40 Projektinteressierten gerechnet“, so Ebel, „wurden dann aber regelrecht überrollt mit Anfragen.“ Rückblickend glaubt er: Die Zeit sei einfach reif gewesen, Schulen hätten gar keine Wahl mehr, als sich nicht mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen. Die 2016 veröffentlichte KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ hatte die Marschrichtung vorgegeben und sich 2017 auch im Medienkompetenzrahmen von Nordrhein-Westfalen niedergeschlagen. „Damit war die digitale Schulentwicklung im Grunde zum verbindlichen Curriculum geworden“, stellt Ebel fest. Aber seiner Beobachtung nach sei auch die Zahl der Skeptiker:innen deutlich zurückgegangen: „Früher gab es ja viele, die haben argumentiert, die Kinder hätten doch zu Hause schon genug zu tun mit digitalen Medien. Da sollten die doch nicht auch noch in der Schule eine Rolle spielen. Das hat sich definitiv geändert.“

»Wir haben im ersten Schritt mit vielleicht 30 bis 40 Projekt­interessierten gerechnet, wurden dann aber regelrecht überrollt mit Anfragen.«

Christian Ebel

Dennoch wollte man sensibel vorgehen. „Wir haben uns schon genau überlegt, mit welchen Fragen wir auf die Schulen zugehen“, erinnert sich Arndt Geist, Schulaufsicht Grundschulen im Schulamt für den Kreis Gütersloh und Leiter des Kompetenzteams. „Wir wollten auf keinen Fall den Anschein einer schulaufsichtlichen Überprüfung erwecken.“ Für Geist spielten in dieser Phase auch die Medienberater:innen eine wichtige Rolle – zu diesem Zeitpunkt noch Teil des Kompetenzteams, seit 2021 der Bezirksregierung Detmold angegliedert: „Das waren wirklich Türöffner in die Schulen für uns.“

Das Ohr aufs Gleis legen

Um das hohe Interesse der Schulen zu kanalisieren, entschied sich das ZdB, im ersten Schritt die Schulträger in den Fokus zu nehmen. Mit fünf wurden Kooperationsvereinbarungen geschlossen, unter anderem zu dialogischen Formaten. In den Schulen selbst startete man zunächst mit einer Bestandsaufnahme, insbesondere der technischen Ausstattung und des Medienkonzepts. „Bis zum Beginn der Corona-Pandemie 2020 hatten wir über 80 Schulen besucht und eine Matrix zur Selbsteinschätzung des Status quo zur Verfügung gestellt“, sagt Dr. Norbert Kreutzmann,  Mitinitiator des Projekts und aktuell Leiter des Bildungsbüros. „Es ging uns wirklich darum, das Ohr aufs Gleis zu legen und genau zu verstehen, wo die Schulen stehen und was sie brauchen.“

Dasselbe galt auch für die Schulträger. Auch hier gab es Vorgespräche, auch hier wurde mit einer auf die Perspektive der Schulträger angepassten Matrix gearbeitet. „Das war in jedem Fall sehr hilfreich“, berichtet Sandra Jürgenhake. „Es gab einige, die hatten sich in der Entwicklung schon wesentlich weiter gefühlt, als es die Fakten zeigten. Andere sahen sich in einer eher ungünstigen Ausgangslage und waren verblüfft, gar nicht so schlecht dazustehen.“
Die Schulbesuche zeigten dem ZdB auch: Dreh- und Angelpunkt bei künftigen Transformationsprozessen sind die Schulleitungen. „Die Verantwortlichen hatten zuweilen noch eine vage Vorstellung davon, was eine Schule im 21. Jahrhundert benötigt“, stellt Christian Ebel fest. Also sah man sich nach einem entsprechenden Programm um. „Wir sind dann auf Digital Learning Leadership der Deutschen Akademie für pädagogische Führungskräfte in Dortmund aufmerksam geworden und haben das in unseren Schulen umgesetzt.“ Das Programm kam sehr gut an, in insgesamt drei Kursen haben bereits 75 der 103 Schulleitungen im Kreis teilgenommen. „Das war in jedem Fall ein wichtiger Baustein, um notwendige Kompetenzen entwickeln zu helfen“, sagt Ebel.

ExpeditionBD – die Reise zur digitalen Schulentwicklung

Das Forum Bildung Digitalisierung hat gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung und dem Zentrum für digitale Bildung und Schule im Kooperationsprojekt „Digitale Schule regional gestalten“ Materialien wie Leitfäden, Planungshilfen oder Reflexionsinstrumente für Schulen und Schulträger aufbereitet, um sie bei digitalen Schulentwicklungsprozessen unterstützen.

Alle Ergebnisse des Kooperationsprojekts sowie weitere Materialien der Projektpartner und deren Netzwerke wurden überführt in die ExpeditionBD. Sie bietet einen einfachen Einstieg in die Themen. Das interaktive Webangebot richtet sich insbesondere an Schulleitungen, Schulträger und koordinierende Akteure und unterstützt dabei, digitale Schulentwicklung in der Kommune oder Bildungsregion gemeinsam zu gestalten. Die ExpeditionBD führt dazu durch verschiedene Handlungsfelder und Schritte der digitalen Schulentwicklung und liefert hilfreiche Praxismaterialien, Anregungen und Tipps, um die Prozesse vor Ort erfolgreich umzusetzen.

Mehr dazu: https://expedition.forumbd.de/

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Runde Tische

Ein anderer waren die sogenannten Runden Tische, die ziemlich bald nach Projektbeginn etabliert wurden. Hier kamen Schulen, Schulträger, IT-Verantwortliche, Schulaufsicht, Medienberater:innen und Projektmitarbeiter:innen zu regelmäßigen Treffen zusammen, um sich auszutauschen und Verbindlichkeiten zu schaffen. „Ziel war es auch, das inzwischen berüchtigte Pingpong-Spiel zu unterbrechen, das über Jahre hinweg zwischen Schulen und Schulträgern stattgefunden hatte“, erzählt Arndt Geist vom Kompetenzteam. „Die Schulen sagen, wir brauchen die Geräte, sonst können wir kein Medienkonzept entwickeln. Die Schulträger sagen, wir brauchen bitte das Medienkonzept, sonst können wir keine Geräte liefern.“

Für Geist, aber auch alle anderen, die regelmäßig an den Treffen teilnahmen, ist das durchaus gelungen. „Was uns wirklich weitergebracht hat, war das hohe Maß an Transparenz und Kommunikation“, berichtet Sandra Jürgenhake. Übrigens nicht nur zwischen den Akteuren der Bildungsregion, sondern auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Stiftungen: „Für Externe ist das zum Beispiel oft nicht nachzuvollziehen, warum Infrastrukturmaßnahmen so lange dauern. Das ändert sich etwas, wenn man weiß, dass wir als Schulträger es allein mit sieben unterschiedlichen Fördermöglichkeiten für Breitbandanschlüsse zu tun haben.“ Sie erzählt auch, dass es nicht selten vorkomme, dass ein Unternehmen das Kabel nur bis vor die Schule verlegt, aber nicht ins Gebäude hinein. Und bevor der Anschluss ins Haus erfolgt, ein zweites Unternehmen noch einmal anfinge zu verlegen, diesmal aber direkt in die Schule.

Inzwischen sind die Runden Tische voll etabliert, erzählt Jürgenhake. Um die Treffen noch effektiver zu machen, wurden für die Schulen in Trägerschaft des Kreises Gütersloh zwei Termine veranschlagt, einer für die größeren und einer für die eher kleinen Förderschulen. „Wir haben schnell gemerkt, dass es wenig Sinn hat, eine Förderschule mit 50 Kindern mit einem Berufskolleg zusammenzubringen, das 2.500 Erwachsene weiterbildet“, sagt sie. In etwa zweistündigen Sitzungen versammeln sich im Schnitt 16 bis 20 Personen, 14 Tage vorher werden die Themen eingereicht und eine Tagesordnung erstellt. Im Augenblick werden die Runden Tische noch extern moderiert, perspektivisch sollen die Schulträger dies übernehmen. „Inzwischen sind das routinierte Runden, an denen alle Beteiligten sehr regelmäßig und ernsthaft teilnehmen“, so Jürgenhake.

Foto: Bertelsmann Stiftung / Zentrum für Digitale Bildung und Schule

Runde Tische: Schulen, Schulträger, IT-Verantwortliche, Schulaufsicht, Medienberater:innen und Projektmitarbeiter:innen ziehen an einem Strang.

Vorbereitung auf das Eigentliche

Matrizen, Schulleitungsqualifizierung, Runde Tische – von vielen Beteiligten wird die erste Projektphase von „Schule und digitale Bildung“, die 2022 nach fünf Jahren endet, als Vorbereitung auf das eigentliche Ziel verstanden: die Qualität des Unterrichts auch mit digitalen Mitteln zu verbessern. „Zunächst ging es darum, sich gemeinsam zu überlegen: Was brauche ich eigentlich, was will ich, was ist machbar und wie ist das finanzierbar?“, meint Michael Uhlich von der Bezirksregierung Detmold. „Jetzt ist die Hauptherausforderung, in den Schulen selbst Veränderungen anzustoßen, die sich im Unterricht bemerkbar machen. Und das kann natürlich nur gelingen, wenn die Pädagog:innen das Wissen und die Ressourcen dafür haben.“

Was das konkret bedeutet, davon weiß Berna Masjosthusmann zu berichten. Sie gehörte 2017 zu den ersten Schulleiter:innen im Kreis Gütersloh, die sich für das Kooperationsprojekt interessierten. „Wir hatten einen guten Austausch mit Herrn Kreutzmann, haben die Matrix zu IST-Analyse genutzt und auch gleich an den Runden Tischen teilgenommen. Da ging es zunächst einmal um die Ausstattung, aber wir waren sehr froh, dass das jemand koordinierte. Die Stimmung war ganz allgemein: Jetzt geht es los.“

Unterrichtsentwicklung digital

Im Herbst 2020 kam dann das Angebot, an UEdigital teilzunehmen, einem Unterstützungsangebot des Projekts, das eine Weiterentwicklung des Unterrichts unter den Bedingungen des digitalen Wandels denkt. Masjosthusmann, inzwischen Leiterin der Grundschule Pavenstädt in Gütersloh, war sofort begeistert: „Ich dachte, das ist genau das, was wir brauchen.“ Zwar gab es schon eine schulinterne Steuergruppe, die sich mit Schulentwicklungsfragen auseinandersetzt. Aber es fehlte der letzte Impuls, wie das auch sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden kann.“ 

Für die Grundschule Pavenstädt und neun andere Schulen startete UEdigital im Februar 2021. Unterstützt durch die Schulentwicklungsplanung konnten Masjosthusmann und ihre Kolleg:innen selbst über die ersten Corona-Lockdowns hinweg kontinuierlich an der Unterrichtsgestaltung feilen. „Das waren auch bei uns kleine Schritte, etwa die Erkenntnis, dass Digitalisierung eben mehr bedeutet, als einfach Arbeitsblätter einzuscannen“, erzählt sie. Inzwischen sei man an einem Punkt, an dem Unterricht wirklich verändert wird. „Was ich dem Programm hoch anrechne, ist, dass es uns dabei geholfen hat, die Zukunftsperspektive einzunehmen. Und damit zur Erkenntnis zu kommen: Ich muss als Lehrkraft umdenken und darf nicht in alte Muster verfallen.“

»Es war schon toll, zu sehen, wie konsequent man dort begonnen hat, Unterrichts­entwicklung digital zu denken.«

Arndt Geist

Kräftezehrende Transformation

Gerade geht UEdigital mit weiteren Schulen in die zweite Runde. Angesprochen wurden vor allem diejenigen Schulen, die in der ersten Förderphase aufgrund zu hoher Nachfrage nicht zum Zuge kommen konnten. Von insgesamt 14 Schulen hatten sich acht beworben, vier mussten aus Kapazitätsgründen abspringen. „Es geht hier ja wirklich um ein komplettes Umkrempeln der Unterrichtsmodelle und -organisation. Das bindet natürlich Ressourcen“, berichtet Sanda Jürgenhake. „Da arbeitet ein ganzes Kollegium systematisch an der Umsetzung.“ 

Inwieweit sich dieser Aufwand tatsächlich auszahlt, erfahren die Projektverantwortlichen beispielsweise bei den Schulbesuchen. Arndt Geist jedenfalls ist zufrieden: „Ich war eben in einer Grundschule, die bislang nur wenig mit Digitalisierung zu tun hatte. Es war schon toll, zu sehen, wie konsequent man dort begonnen hat, Unterrichtsentwicklung digital zu denken.“

In die Strukturen der Region überführen

Kürzlich wurde „Schule und digitale Bildung“ um bis zu weitere fünf Jahre verlängert. Für die Beteiligten geht es jetzt um zweierlei: Einerseits wolle man die angestoßene Entwicklung weiterführen. Zum anderen strebe man an, die durch das Projekt aufgebauten Strukturen regional zu verankern. Oder wie Christian Ebel und Norbert Kreutzmann vom ZdB es gemeinsam formulieren: „Das Ziel der zweiten Phase ist eigentlich, sich als Projekt zurückzunehmen und das Erreichte in die Strukturen der Region zu überführen.“ Die Runden Tische etwa könnten in Zukunft vom Schulträger allein koordiniert werden. Und Programme wie UEdigital würden idealerweise in den Aufgabenbereich des Kompetenzteams übergehen, das in der Bildungsregion für die Lehrkräftefortbildung verantwortlich ist.

Viel wird auch davon abhängen, welche Schritte von Landesseite unternommen werden. Landesseits sind inzwischen drei große Fortbildungspakete in der derzeitigen Umsetzung, berichtet Michael Uhlich: eines für Schulleiter:innen, eines für Lehrkräfte und auch eines für die Moderator:innen der Fortbildungsangebote selbst. Nach drei Jahren weiterer Projektlaufzeit von „Schule und digitale Bildung“ will man seitens des ZdB und der Projektpartner deshalb eruieren, welche Unterstützung dann noch anzubieten wäre und was zu diesem Zeitpunkt schon von Kommunen oder dem Land übernommen werden könne.

„Am Ende haben wir hoffentlich eine ähnliche Situation, wie wir sie jetzt schon bei Themen wie Inklusion und Integration antreffen“, hofft Uhlich. „Beides wird inzwischen als selbstverständlicher Teil der Unterrichtsentwicklung empfunden. Genauso müssen wir auch mit der Digitalisierung in Schulen umgehen. Das ist nichts, was noch on top dazu kommt, sondern etwas, das ganz selbstverständlich zu gutem Unterricht gehört.“

Klaus Lüber

Klaus Lüber studierte Kulturwissenschaft, Publizistik und Philosophie in Berlin und München. Als freier Redakteur und Autor arbeitet er unter anderem für den F.A.Z.-Verlag, die Volkswagenstiftung und den Thinktank iRights.Lab. Zu seinen Lieblingsthemen zählen Innovation, Digitalisierung und Bildung. Er lebt und arbeitet in Berlin.

https://www.klauslueber.de/