Gastbeitrag
Die Etablierung von Koordinator:innen „Bildung in der digitalen Welt“ an Rheinland-Pfälzischen Schulen
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veröffentlicht am 26.11.2020
Lesezeit: 7 Minuten
Zur Unterstützung von Schulleitungen in der Entwicklung und Umsetzung schulischer Medienkonzepte wurde in Rheinland-Pfalz 2019 die Rolle der Koordinator:in „Bildung in der digitalen Welt“ für je eine Lehrkraft, welche dafür Anrechnungsstunden erhält, eingeführt. Die Schulung dieser Lehrkräfte erfolgt auf Grundlage eines Multiplikatorenmodells, das vom Ministerium für Bildung und dem Pädagogischen Landesinstitut entwickelt wurde.
Zeitgemäße Bildung und Digitalisierung sind Themen, die von einer fachübergreifenden Relevanz und hoher Komplexität geprägt sind. Insbesondere die Entwicklung eines Medienkonzepts, welche auch im Rahmen des DigitalPakt Schule gefordert wird, erfordert gemeinschaftliches Handeln. Schulleitungen und Fachlehrkräfte, beispielsweise im Fachbereich Informatik, können und sollen diesen Prozess nicht allein steuern. Aus diesem Grund wurden seit 2019 an allen Schulen in Rheinland-Pfalz Koordinator:innen „Bildung in der digitalen Welt“ benannt. Sie erhielten entsprechend der Schüler:innenzahl Anrechnungsstunden, um in enger Abstimmung und Kooperation mit der Schulleitung und dem Kollegium das Lehren und Lernen mit und über digitale Medien sukzessive kompetenzorientiert in alle Fächer einzubeziehen. Es handelt sich hierbei ausdrücklich nicht um Tätigkeiten aus dem Bereich der Anwendungsbetreuung, obgleich die benannte Lehrkraft den Kontakt hält zum kommunalen Medienzentrum, dem Schulträger und technischen Ansprechpersonen. Neben der Medienkonzeptentwicklung, die Befragungen im Kollegium, die Organisation eines Studientages und die Sichtung der Richtlinien miteinschließt, gehört auch der Bereich der Elternarbeit – z. B. die Organisation von Informationsveranstaltungen zum Themenfeld der Medienbildung – zu den pädagogischen Aufgaben dieser Lehrkraft.
Zusammen mit der Einführung wurde ein Multiplikatorenmodell zur Schulung der künftigen Koordinator:innen entwickelt. Zentrale Akteure sind hier das Ministerium für Bildung, das Pädagogische Landesinstitut und die regionalen Medienzentren. Um eine gemeinsame Sprache und Haltung zu gewährleisten, wurde ein grundlegendes Wording definiert, das sich durch alle Ebenen und Phasen des Modells zieht und auf einer projekteigenen Webseite sowie einer Online-Plattform über Moodle allen Beteiligten kommuniziert wird. Ebenso wurden Strukturen für den First- und Second-Level-Support von Anfang an mitgeplant.
Das Multiplikatormodell
- Innerbehördliche Kommunikation: Ziel war es, die kommunalen Medienzentren als regionale Ansprechpartner und Multiplikatoren einsetzen zu können. Zuvor wurden die geplanten Maßnahmen aber noch während des Entstehungsprozesses innerhalb des Pädagogischen Landesinstituts kommuniziert, um mögliche Dopplungen der Angebote zu vermeiden und anderen Fachbereichen eine Beteiligung zu ermöglichen. Insbesondere Mitarbeitende aus der Schulleitungsfortbildung und den bereits existierenden Beratendengruppen brachten ihre Expertise mit ein und nahmen die neu entwickelten Werkzeuge in ihre Planungen und Beratungen auf. Anschließend konnten die Kollegien in den kommunalen Medienzentren im Rahmen von Tagungen und Online-Veranstaltungen geschult werden und sich in die Plattform einarbeiten. In Kooperation mit dem Pädagogischen Landesinstitut wurden daraufhin einheitliche Veranstaltungsformate geplant. Das Veranstaltungsmanagement übernimmt das Pädagogische Landesinstitut, was es den Medienzentren ermöglicht, so eine große Zahl an Angeboten durchzuführen und den Schwerpunkt auf die Beziehungsarbeit und den Inhalt der Schulungen zu legen.
- Regionale Angebote: Die einheitlichen Veranstaltungsformate reichen von Grundlagenschulungen für neue Koordinator:innen über vertiefende Angebote bis zu offenen Sprechstunden, in Präsenz wie auch online. Da der DigitalPakt Schule und die Medienkonzeptentwicklung einen inhaltlichen Schwerpunkt darstellen, sind die Veranstaltungen auch offen für Schulleitungen und Schulträger. Die Veranstaltungen und die oben genannte neue Webseite kommunizierte das Ministerium für Bildung in offiziellen Schreiben gegenüber der Zielgruppe. Unmittelbar per E-Mail wurden neben den Schulleitungen die neu benannten Koordinator:innen eingeladen sowie alle weiteren Personen, die sich in vergangenen Veranstaltungen in die Verteilerlisten der regionalen Medienzentren haben aufnehmen lassen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg des Multiplikatorenmodells in der engen und regionalen Zusammenarbeit der Medienzentren und „ihrer“ Schulen liegt. Die Veranstaltungen werden auch genutzt, um Schulen – im Idealfall vertreten durch die Koordinator:innen – und Schulträger zusammenzubringen und den Austausch zu fördern. Die kommunalen Medienzentren nahmen hier die Rolle des Vermittlers ein und bezogen in besonderen Fällen das Pädagogische Landesinstitut mit ein. Zudem tauschten sich die Medienzentren, die auch vorher schon vernetzt waren, verstärkt untereinander aus und arbeiteten zusammen. Essenziell war hier ein bereits bestehendes Austauschforum der Medienzentren, über das auch das Ministerium für Bildung und das Pädagogische Landesinstitut direkt mit den Medienzentren kommunizieren können.
- Die Schulung der Koordinator:innen „Bildung in der digitalen Welt“: Die Titel sämtlicher Veranstaltungen und der vertiefenden Plattform beginnen mit dem Slogan „Digitale Bildung entscheidet“, was den Wiedererkennungswert steigert und es der Zielgruppe erleichtert, passgenaue Angebote zu identifizieren. Die Veranstaltungen der Medienzentren laufen seit Oktober 2019 und haben sich von der standardisierten Grundlagenschulung „Digitale Bildung entscheidet – Grundlagenschulung für Koordinatorinnen und Koordinatoren, Schulleitungen und Verantwortliche“ weiterentwickelt zu offenen Beratungsangeboten, z. B. „Digitale Bildung entscheidet – Unterstützung bei der Medienkonzeptentwicklung und Antragstellung“, „Digitale Bildung entscheidet – Netzwerktreffen für Koordinatorinnen und Koordinatoren“ und „Digitale Bildung entscheidet – Netzwerktreffen für Schulen und Schulträger“. Neben dem einheitlichen Wording dient die dynamische Plattform als Rahmen und zentrale Informationsquelle. Unter anderem wurde die Grundlagenschulung aufgezeichnet und auf der Plattform dauerhaft zugänglich gemacht. Da die Registrierung auf der Plattform Zulassungsvoraussetzung für die Teilnahme an den Veranstaltungen ist, kann das dortige Austauschforum ebenfalls als Verteiler genutzt werden, um über Neuigkeiten rund um den DigitalPaktSchule und aktuelle Fortbildungsangebote zu informieren. Zusätzlich wird das Austauschforum alternativ zum Kontaktformular der Webseite für Fragen seitens der Lehrkräfte bezüglich der Antragstellung genutzt und vom Pädagogischen Landesinstitut betreut.
- Schulinterne Kommunikation: Das Multiplikatorenmodell soll letztlich dazu führen, dass die neu benannten Koordinator:innen bestmöglich unterstützt werden. Die Webseite bietet sämtliche Informationen, die auch für die Schulleitung relevant sind. Die vertiefende Plattform hingegen richtet sich an die Koordinator:innen. Sie bietet ihnen zum einen die Möglichkeit, sich zu Expert:innen fortzubilden und entlastet zum anderen die Schulleitungen. Beispielsweise werden unterschiedliche praktische Hilfen zur Durchführung interner Evaluationen, zu Studientagen und schulinternen Fortbildungen bereitgestellt. Einen Großteil der Praxistipps stellten Schulen als Open Educational Resources (OER) selbst zur Verfügung.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass eine alle Ebenen umfassende und transparente Kommunikation zu den grundlegenden Gelingensbedingungen für die Etablierung einer schulischen Koordination gehört.
Oliver Simon, Lehrer
»Wir entlasten die Schulleitung«
Als Koordinator:innen ›Bildung in der digitalen Welt‹ stellen wir sicher, dass alle gehört werden und sich am Prozess der Digitalisierung beteiligen können. Entscheidungen liegen weiterhin im Verantwortungsbereich der Schulleitung. Dadurch haben wir Freiräume – unabhängig von alltäglichen Verantwortungen – die mittel- und langfristigen Ziele und Prozesse im Blick zu behalten. Im Gegenzug entlasten wir wiederum die Schulleitung, wenn wir die Studientage organisieren, die Medienkonzepte entwickeln, Anträge formulieren oder uns um die technischen Möglichkeiten kümmern. So gehen wir Hand in Hand!
Oliver Simon ist Lehrer am Eichendorff-Gymnasium in Koblenz.
Gelingensbedingungen und Perspektiven
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass eine alle Ebenen umfassende und transparente Kommunikation zu den grundlegenden Gelingensbedingungen für die Etablierung einer schulischen Koordination gehört. Ebenso trägt die Kombination aus Präsenz- und Online-Veranstaltungen (live und als aufgezeichnete Version) sowie die Nutzung unterschiedlicher Kanäle (Webseite, Plattform, aufgezeichnete Schulungen, E-Mails, Forenbeiträge, Kontaktformular) dazu bei, dass alle Beteiligten nicht nur einmalig fortgebildet wurden, sondern sich die Strukturen und Netzwerke nachhaltig etablieren. Für das kommende Jahr werden die Veranstaltungen weiterentwickelt hin zu regionalen Netzwerktreffen, die nach demselben Prinzip aufgebaut sein werden (Kooperation mit Medienzentren, Bereitstellung digitaler Infrastruktur durch das Pädagogische Landesinstitut). Inhaltliche Schwerpunkte der einzelnen Netzwerktreffen werden von den Koordinator:innen selbst kommuniziert.
Schulleitungen können sich auch in Zukunft darauf verlassen, dass die Koordinator:innen als Expert:innen an ihren Schulen fungieren und über die neuesten Informationen und Unterstützungsangebote informiert sind. Die durch dieses Modell verstärkte Vernetzung mit den regionalen Medienzentren und der Schulen untereinander ist gerade in Zeiten, in denen Kollaboration und Kommunikation im Fokus stehen, ein Gewinn, welcher über die Unterstützung bei der Medienkonzeptentwicklung und Antragstellung für den DigitalPakt Schule hinausgeht.