Impuls

Medienentwicklungsplanung: Von Austausch und Vernetzung profitieren

von Nina Braun
veröffentlicht am 13.02.2020
Lesezeit: 7 Minuten

Medienentwicklungsplanung als Prozess bedarf der Einbindung vieler Akteure des kommunalen Bildungsmanagements. Ansätze aus Bayern und Nordrhein-Westfalen liefern Anregungen zur Entwicklung von schulischen Medienkonzepten sowie zur Gestaltung eines kollaborativen Entwicklungsprozesses.

Mit dem Digitalpakt Schule soll alles anders werden. Seit dem Frühsommer 2019 stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Schulen fünf Milliarden Euro zur Verfügung, damit Tablets, interaktive Tafeln und WLAN bundesweit und flächendeckend angeschafft werden können. Die bessere Ausstattung ist aber an vorhandene Medienkonzepte geknüpft. Damit entstehen neue Herausforderungen für die Schulen. Etwa einem Drittel der Schulen fehlt es nach eigenen Angaben noch an einem Medienkonzept, berichtet die Deutsche Telekom Stiftung (2019). Medienkonzepte wirken auf unterschiedlichen Ebenen. Damit gehören sie in den Bereich der Organisations- und Schulentwicklung, die von Schulen und Schulträgern gemeinsam angegangen werden sollten. Ein Medienkonzept verzahnt Technik und Pädagogik in sinnvoller Weise und enthält im Idealfall die Bestandteile Mediencurriculum, Fortbildungsplanung und Ausstattungsplan. Darüber hinaus bedarf es einer Planung von Wartung und Support sowie der Finanzierung durch die Schulträger. Das Medienkonzept muss innerhalb der Schulen drei Aufgaben gleichzeitig bewältigen: Kompetenzentwicklung aufseiten der Schüler:innen unterstützen, die Schulausstattung technisch aktuell halten und die Lehrkräfte auf einen gemeinsamen Wissensstand hinsichtlich digitaler Unterrichtskonzepte und digitaler Möglichkeiten bringen.

Ein Medienkonzept verzahnt Technik und Pädagogik in sinnvoller Weise und enthält im Idealfall die Bestandteile Mediencurriculum, Fortbildungsplanung und Ausstattungsplan. Darüber hinaus bedarf es einer Planung von Wartung und Support sowie der Finanzierung durch die Schulträger.

Landesspezifische Unterstützungsangebote: Online-Tools und Individualbetreuung

Die Bundesländer beschreiten den Weg der Digitalisierung in unterschiedlichem Tempo. In Bayern wurde etwa 2017 der „Masterplan Bayern Digital II“ verabschiedet, der auch die Gestaltung der Digitalisierung an den Schulen vorsieht (Bayerische Staatskanzlei 2017). Das mehrjährige Förderprogramm nimmt unter anderem den Ausbau der schulischen IT-Infrastruktur sowie die Stärkung der pädagogischen Angebote zur Medienbildung im Klassenzimmer in den Fokus. Dafür sollten alle bayerischen Schulen bis zum Schuljahr 2018/2019 ein Medienkonzept entwickeln.

Zur Unterstützung dieses Prozesses entwickelt das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) München den sogenannten Medienkompetenz-Navigator, ein Online-Tool, das Lehrkräfte durch eine schnelle Zuordnung zwischen Medienkompetenzen und Lehrplan-Inhalten in allgemeinbildenden Schulen unterstützt. Darüber hinaus werden Unterrichtsbeispiele zur Vermittlung der jeweiligen Medienkompetenzen im Fachunterricht zur Verfügung gestellt. Der Medienkompetenz-Navigator bietet somit ein Unterstützungssystem für Lehrkräfte und Fachschaften, um schulspezifische Mediencurricula erarbeiten zu können. Einen Sonderfall stellen die Beruflichen Schulen in Bayern dar. Der Navigator kann aufgrund der dort vorhandenen großen Heterogenität der Lehrpläne nicht angewandt werden. Deshalb entwickelt ein Team aus Expert:innen für Medien- und Schulentwicklung praxisorientierte Informations und Unterstützungsmaterialien, die die bayerischen Berufsschulen bei der Anfertigung ihres Medienkonzepts begleiten. Sie stellen den Schulen etwa eine Matrix zur Verfügung, mit welcher sie bereits bestehende Unterrichtsinhalte analysieren und fehlende Inhalte sichtbar machen können. Die Ergebnisse der Analysearbeit bilden die Grundlage des zu entwickelnden Medienkonzepts. In der Praxis mussten dafür einige Hürden bewältigt werden. Beteiligte berichten, dass bei kaum einem Thema die Meinungen im Kollegium so weit auseinander gehen wie bei der Digitalisierung. Exemplarisch für die Konflikte stehen zwei Gruppen: Die Verweigernden lassen sich als Bewahrende feiern, den sogenannten Early Adoptern geht es zu langsam. IT-Systembetreuende – sofern für eine Schule eingesetzt – fühlen sich schnell vom Kollegium übergangen und plötzlich verpflichtet, etwas zu tun, was sie nicht mitgeplant haben. Schulentwicklungsberatende aus Bayern empfehlen daher, mit externer Unterstützung den schulinternen Prozess mit allen beteiligten Akteuren kollaborativ zu gestalten. Der Fokus solle weg von der Technik hin zum Unterricht gelegt werden – verbunden mit der Frage „Was müssen wir im Unterricht anders machen und warum tun wir es bislang nicht?” anstatt „Welche digitalen Medien möchten wir haben?”

Runde Tische zur Vernetzung von Schulen, Schulträgern und kommunaler Bildungsverwaltung

In Nordrhein-Westfalen arbeitet man an einer engeren Verzahnung von Schulen und kommunaler Bildungsverwaltung, um gemeinsam Medienkonzepte zu entwickeln, mit denen dann unter anderem Mittel aus dem Digitalpakt beantragt werden können. Ebenfalls 2017 startete dazu das Kooperationsprojekt „Schule und digitale Bildung“ auf Initiative der Bertelsmann Stiftung, der Reinhard Mohn Stiftung, des regionalen Bildungsbüros und weiterer Bildungsverantwortlicher im Kreis Gütersloh.

Als Ausgangspunkt der Überlegungen diente die Frage: Welche gemeinsam abgestimmten Unterstützungsangebote können helfen, um in einer Bildungsregion Schulentwicklung im Bereich des digitalen Lernens zu befördern? Getragen und gesteuert wird das Kooperationsprojekt von den verantwortlichen Gremien der Bildungsregion: dem Lenkungskreis und dem Leitungsteam des Regionalen Bildungsnetzwerks. Übergeordnetes Ziel des Projekts ist es, bis 2022 ein Unterstützungsangebot für die 114 Schulen und ihre 18 Schulträger im Kreisgebiet Gütersloh aufzubauen, mit dem die Schulentwicklung im Bereich des digitalen Lernens befördert wird, um letztlich die Qualität des Unterrichts weiter zu verbessern und die Teilhabe der Kinder und Jugendlichen in einer zunehmend digital geprägten Lebens- und Arbeitswelt zu gewährleisten.

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Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet das Team des Zentrums für digitale Bildung und Schule (ZdB), eine von den beiden beteiligten Stiftungen gegründete und finanzierte gemeinnützige Gesellschaft, mit den Schulen, den Schulträgern, der Schulaufsicht, dem Bildungsbüro für den Kreis Gütersloh, den Medienberatenden und dem Kompetenzteam des Kreises sowie vielen externen Berater:innen zusammen, um alle Schulträger und ihre Schulen bestmöglich in ihrem Digitalisierungsprozess zu unterstützen. Die Geschäftsstelle bietet beispielsweise eine Workshopreihe zum Thema Medienkonzeptentwicklung an, eine Qualifizierung für Schulleitungen zum Digital Learning Leadership und hat zum Austausch von Schulen und Schulträgern ein Format der kommunalen Runden Tische etabliert.

Die Runden Tische sollen einen gleichberechtigten Dialog zwischen Schulen und Schulträgern fördern. An ihnen nehmen auch Vertretende der Medienberatung, der Schulaufsicht und des ZdB sowie eine externe Moderation teil. Als Grundlage für den Austausch wurden weitere Produkte wie Instrumente zur Bedarfsermittlung auf Seiten der Schulen und Schulträger entwickelt. Das Format der Runden Tische bietet die Möglichkeit, die Bedarfe zu diskutieren und gemeinsam die nächsten Schritte zur Umsetzung sowie zur (Weiter-)Entwicklung der Medienkonzepte und der Medienentwicklungsplanung abzustimmen und gegenseitig von den Erfahrungen, Herausforderungen und Hinweisen im Prozess zu profitieren.

Zentrum für digitale Bildung und Schule (ZdB): Organisation/Abstimmung der Runden Tische in den Kommunen

Change Management

Verantwortliche aus Bayern und aus Gütersloh berichten, dass beim Vergleich verschiedener Schulen immer wieder auffällt, dass sie im Bereich der Digitalisierung sehr unterschiedlich ausgestattet und entwickelt sind. Auch Schulträger verfügen über sehr unterschiedlich nutzbare Ressourcen finanzieller oder personeller Art. In großen Kommunen kommt hinzu, dass sich Schulen in unterschiedlicher Trägerschaft befinden. Bestehen in einer solchen heterogenen Schullandschaft Medienkonzepte einzelner Schulen, weisen sie häufig höchst unterschiedliche Merkmale auf. Die Folge ist, dass es der Schulverwaltung schwerfällt, Ziele und Ausstattung verschiedener Schulen zu vergleichen und einzuordnen.

Schulverwaltungen sind aber in der Verantwortung, gleiche Bildungschancen zu gewährleisten. Für die Digitalisierung bedeutet das etwa, Mindeststandards für die schulische und kommunale Medienentwicklungsplanung zu definieren. Das Ziel einer fächerund jahrgangsstufenübergreifenden Vermittlung der gefragten Medienkompetenzen in Schulen kann durch eine Systematisierung aller Aktivitäten in einem Medienkonzept – angelehnt an landesweite Standards – gefördert werden. Dazu bedarf es jedoch Veränderungen in der Organisation der Medienentwicklungsplanung. Schulen, Schulträger und die kommunale Bildungsverwaltung müssen bereits in der Entwicklungsphase regelmäßig in den Austausch treten, um das pädagogische Mediencurriculum einer Schule sinnvoll mit Ausstattungs- und Finanzierungsplanungen sowie langfristigen Support- und Wartungskonzepten des Schulträgers zu verknüpfen.

Ein kollaborativ gestalteter Prozess, der von weiteren Beratenden auf den Gebieten Medien- und Schulentwicklung aus den Bildungsverwaltungen der Bundesländer und Kommunen oder der Zivilgesellschaft unterstützt wird, bietet enormes Potenzial, die Qualität des Unterrichts in der digitalen Welt so zu verbessern, dass Kinder und Jugendliche sich in einer zunehmend digital geprägten Lebens- und Arbeitswelt immer besser zurechtfinden. Nun liegt es insbesondere in der Verantwortung der Schulleitungen sowie der Verantwortlichen des kommunalen Bildungsmanagements, die Zurückhaltung gegenüber der Digitalisierung und neue Formen der Zusammenarbeit verschiedener Ebenen durch Change-Management-Prozesse abzubauen.

Nina Braun

Nina Braun ist Bildungsjournalistin und schrieb Beiträge u. a. für News4Teacher, Die WELT und die Verbandszeitschrift des VBE-Landesverbands NRW.

Literatur
  • Bayerische Staatskanzlei (2017): Bayern Digital II. Investitionsprogramm für die digitale Zukunft Bayerns. Online: https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2014/09/17-05-30-masterplan-bayern-digital_ massnahmen_anlage-mrv_final.pdf [Stand: 13.12.2019]
  • Deutsche Telekom Stiftung (2019): Schule digital: Unterstützung gefragt. Repräsentative Befragung von 600 Lehrern der Sekundarstufe I – Vertiefende Interviews mit Schulleitungen und -trägern sowie Didaktikern. Online: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publications/Befragung-Schuledigital-Web.pdf [Stand: 13.12.2019]