Gastbeitrag

Zukunftsstudie Schulmanagement 2024 – KI bringt neuen Schwung in die Digitalisierung des Schulleitungsalltags

von Gerda Sander, Bertram Güntsch, Dr. Bernadette Kalkert
veröffentlicht am 26.02.2025
Lesezeit: 10 Minuten

Wie erleben Schulleitungen die Digitalisierung, was ist schon Realität, was noch Wunschdenken? Die von Wolters Kluwer durchgeführte „Zukunftsstudie Schulmanagement – Digitalisierung im Schulleitungsalltag“ wirft jährlich einen Blick in den Alltag von Schulleitungen. Auch Schulträger bringen hier ihre Perspektive auf die Herausforderungen von Schulleitungen ein. Für die aktuellen Befragungszeitraum 2024 zeigt die Studie, dass sich Schulleitungen weiterhin mit großem Engagement bei der Digitalisierung ihrer Schulen professionalisieren. Allerdings fehlen ihnen geeignete digitale Tools für ihre Leitungsaufgaben, insbesondere der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird als Entlastungschance wahrgenommen.

Alle Welt redet von KI, in den Alltag fließt immer mehr KI ein und auch im Bildungsbereich macht KI natürlich nicht Halt. Beim Thema Künstliche Intelligenz in der Schule herrscht seitens der Schulleitung oftmals große Neugierde. Bereits 44 Prozent der Schulleitungen nutzen KI (insbesondere ChatGPT) bei ihrer täglichen Arbeit, vor allem für Textzusammenfassungen, das Erstellen von Reden und als Übersetzungshilfe. Schulleitungen erhoffen sich von der KI vor allem Zeitersparnis – in Zeiten stetig zunehmender Aufgabenpakete eine willkommene Entlastung. Dabei schätzen 23 Prozent der Schulleitungen ihre Kompetenzen im Umgang mit KI-Anwendungen als gut und sehr gut ein. 33 Prozent sehen sich in der Mitte bei „befriedigend“, jedoch stufen sich auch 43 Prozent zwischen ausreichend bis ungenügend ein.

Die dafür genannten Gründe sind vielfältig: Weil sie keine Zeit haben (60 Prozent), weil sie sich nicht damit auskennen (61 Prozent) oder weil sie rechtliche Bedenken haben (46 Prozent), nutzen über die Hälfte der befragten Schulleitungen KI (noch) nicht. Jedoch würde das Argument der Zeitersparnis, ein allgegenwärtiger Faktor im Schulleitungsalltag, 70 Prozent überzeugen, KI anzuwenden. Im pädagogischen Bereich einer Schule wird KI bereits umfassend eingesetzt. In zahlreichen staatlichen und privaten Fortbildungen werden Hinweise und Tipps gegeben, wie die Unterrichtsvorbereitung, die Unterrichtsgestaltung und die Hausaufgabenstellung zukünftig mit KI gestaltet werden können – doch auch Schulleitungen können von KI massiv profitieren.

Grafik: Wolters Kluwer

Was hält Schulleitungen aktuell davon ab, KI im Schulleitungsalltag zu nutzen?

Schulträger sehen beim Thema KI den Aspekt Sicherheit und Datenschutz an erster Stelle der Herausforderungen (82 Prozent). Doch auch die Vorgaben von Behörden werden als problematisch erachtet (63 Prozent), ebenso die Nutzungskompetenz von Eltern, Schüler:innen und Lehrkräften (60 Prozent).

Über die Zukunftsstudie Schulmanagement

Die von Wolters Kluwer durchgeführte „Zukunftsstudie Schulmanagement – Digitalisierung im Schulleitungsalltag“ wird als Längsschnittstudie jährlich wiederholt, um aufzuzeichnen, wie Schulleitungen und Schulträger Digitalisierung in ihrem Alltag erleben, welche Aufgaben sie für die nächsten Jahre als vorrangig sehen und welche digitale Unterstützung sie dazu einfordern. Insgesamt 576 Personen haben sich an der Umfrage, die vom 2. Mai bis zum  17. Juni 2024 online stattfand, beteiligt. Wissenschaftlich begleitet wird die Zukunftsstudie Schulmanagement von Prof. Dr. Michael Schratz, Institut für Schulforschung an der Universität Innsbruck, Prof. Dr. Kai Maaz, Leibnitz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF), und Prof. Dr. Mandy Schiefner-Rohs, Technische Universität Kaiserslautern. 

Die komplette Studie ist bei Wolters Kluwer online verfügbar.

Digitale Kommunikation ist keine Einbahnstraße

Man würde meinen, dass die digitale Kommunikation nach Corona wie am Schnürchen laufen sollte – dem ist im Schulbereich laut den Befragten nicht so. Die größten Herausforderungen in der digitalen Kommunikation sind laut Schulleitungen die mangelnde Kompetenz von Eltern, Lehrkräften und Schüler:innen (60 Prozent), Sicherheit und Datenschutz (54 Prozent), technische Herausforderungen (44 Prozent) und Vorgaben von Behörden (42 Prozent), während Schulträger vor allem Sicherheit und Datenschutz (86 Prozent) als Hauptaufgabe betrachten.

Ein Grund für die fehlende Kompetenz der Eltern könnte der hohe Schüler:innenanteil aus sozial benachteiligten und bildungsfernen Familien sein, denen entweder nicht die Möglichkeiten für digitale Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen, bei denen die Fähigkeiten zur Nutzung nicht vorhanden sind oder die die Sprache für eine gute Kommunikation nicht beherrschen. Den Schulleitungen zufolge lassen auch Lehrkräfte Kompetenzen in diesem Bereich vermissen. Basierend auf dieser Einschätzung sollte digitale Kommunikation und digitale Kollaboration als Basis modernen Arbeitens idealerweise bereits in der Ausbildung vermittelt werden.

Bei der digitalen Ausstattung an Schulen können Schulträger am meisten bewirken, da dies in ihre Zuständigkeit fällt. Dabei ist von größter Wichtigkeit, dass Schulträger auch die direkte Kommunikation mit ihren Schulen auf den Prüfstand stellen, denn in den meisten Kommunen werden zum Beispiel Bedarfs- und Budgetabfragen noch aufwendig über Tabellenkalkulation und E-Mail-Verkehr eingeholt.

In der eigenen Anwendungskompetenz sehen sich Schulleitungen selbst gut gerüstet. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich laut Selbsteinschätzung der Schulleitungen eine deutliche Entwicklung zu mehr digitaler Kompetenz feststellen.

Recht – einfach!

Bei den Handlungsfeldern, denen Schulleitungen die größte Aufmerksamkeit einräumen, wurde 2024 wieder das Handlungsfeld Recht am häufigsten genannt. Waren im ersten Jahr der Studie (2022) noch Informationsbedürfnisse und Probleme vor allem bei der Digitalisierung vorrangig, hat sich damit 2024 das Ergebnis von 2023 bestätigt:

  • Schulleitungen benötigen Fachinformationen vor allem im Handlungsfeld Recht.
  • Bei der Frage, an welcher IT-Ausstattung es fehle, wurden als fachliche Ausprägung wieder fast ausschließlich Notwendigkeiten zum Schulrecht genannt.
  • Nach wie vor herrscht Zeitmangel, es mangle also auch an Zeit für rechtliche Fragen.

Der im letzten Jahr gefasste, vorsichtige Schluss, dass Schulen die Digitalisierung mittlerweile gut im Griff haben und das – vielleicht alte Thema – Recht an Schulen möglicherweise wieder in den Vordergrund rückt, wird damit gefestigt. Der Informationsbedarf zum Thema Recht ist bei Schulleitungen und auch aus Sicht der Schulträger noch einmal größer geworden: Die Mittelwerte in allen Kategorien sind 2024 im Vergleich zu 2023 deutlich gestiegen. Damit bestätigt sich, wie bedeutsam rechtliche Fragen für die Digitalisierung an Schulen sind.

»Der Informationsbedarf zum Thema Recht ist bei Schulleitungen und auch aus Sicht der Schulträger noch einmal größer geworden: Die Mittelwerte in allen Kategorien sind 2024 im Vergleich zu 2023 deutlich gestiegen.«

Gerda Sandner, Bertram Güntsch & Dr. Bernadette Kalkert

Bei der Frage, wie Informationen zum Themengebiet Recht aufbereitet werden sollten, wurde auch in diesem Jahr vor allem praktisches und pragmatisches Wissen in Form von Handlungs- und Entscheidungshilfen als hilfreich bezeichnet, da Schulleitungen ihren Alltag als juristische Laien schnell und sicher meistern müssen. Schulleitungen wünschen sich nach wie vor die Aufbereitung von juristischen Ereignissen in Beispielfällen und Musterlösungen und bevorzugen Checklisten, anhand derer ein rechtlich relevantes Ereignis schnell abgeprüft werden kann. Im Vergleich zum letzten Jahr rücken alphabetisch geordnete Schlagworte an den dritten Platz (Platz drei in 2023: strukturierte Darstellungen). Auch diese Entwicklung macht deutlich: Informationen sollten lieber kurz und pragmatisch komprimiert, als langatmig und umständlich formuliert sein.

Fortbildungen als wichtigste Fachinformationsquelle

Fortbildungen – sowohl in Präsenz als auch Online – sind bei den Schulleitungen das beliebteste Medium, um sich fachlich zu informieren  (77 Prozent). Darauf folgen Fachartikel (68 Prozent) und Newsletter (60 Prozent). Rund ein Drittel der Schulleitungen nutzt ausschließlich digitale Informationsangebote. Bei den digitalen Quellen und Zugängen, die Schulleitungen im letzten Jahr nutzten, haben KI-Systeme mit über 40 Prozent andere soziale Netzwerke oder Plattformen überholt. Spitzenreiter in dieser Kategorie ist das Online-Angebot von offiziellen Seiten wie der Schulaufsicht, dem Schulträger oder dem jeweiligen Bundesland.

Informationen über Fortbildungen im Bereich der Schulleitung werden zu den Themen Recht, Digitalisierung sowie Organisation und Verwaltung  benötigt. Diese Reihenfolge entspricht der Rangfolge aus dem Jahr 2023 und spiegelt die Arbeitssituation von Schulleitungen wider: Zeit ist knapp, die Informationsbeschaffung muss schnell erfolgen, die Information muss verlässlich sein und Recht ist besonders wichtig.

Digitale Tools im Bereich der Schulverwaltung – Diskrepanz zwischen Schulleitungen und Schulträgern

Wie bereits 2023 wünschen sich Schulleitungen digitale Unterstützung beim Thema Aktenablage. Unterstützungsbedarf wird weiterhin beim Thema Personalverwaltung und -entwicklung sowie bei der Terminkoordination und der Aufgabenplanung angegeben. Gänzlich anders schätzen Schulträger den Bedarf ihrer Schulen ein. Schulträger meinen, Schulen würden zuvorderst (digitale) Unterstützung bei der Gestaltung des Ganztags benötigen, gefolgt von digitaler Hilfe im Bereich der Zusammenarbeit mit dem Schulträger. An dritter Stelle würden Schulträger ihre Schulen bei der Budget- und Inventarplanung digital unterstützen lassen.

Wie lassen sich diese Ergebnisse interpretieren? Die seitens der Schulträger genannten Themen sind Themen, die vorrangig auch beim Schulträger liegen und dort viel Aufmerksamkeit und Arbeit benötigen. Der bildungspolitisch geforderte Ausbau des Ganztags bis 2026 passiert nicht automatisch. Wie schon zuvor angemerkt, ist Kommunikation ein zentraler Bestandteil der Arbeit sowohl für Schulleitungen als auch für Schulträger. Hier lässt sich feststellen, dass Letztere oft mit einer Vielzahl an Schulen kommunizieren und nachhalten müssen, was mit wem wie besprochen wurde. Für die einzelne Schule ist die Kommunikation mit dem Schulträger eine Eins-zu-eins-Kommunikation und daher gut zu verfolgen. Das Ergebnis lässt sich also eher so lesen, dass Schulträger sich eine digital unterstützte Kommunikation mit ihren Schulen wünschen.

Credit: Wolters Kluwer

Welche Probleme sehen Schulleitungen und Schulträger/Schulaufsicht in ihrem schulischen Alltag?

Qualitäts- und Personalmanagement – Wollen vs. Können

Nachdem 2023 das Thema Schul- und Unterrichtsentwicklung, nach überstandener Coronakrise und den damit verbundenen Schwierigkeiten bei Unterricht und Erziehung, erstarkt ist, steht es auch 2024 an zweiter Stelle der wichtigsten Handlungsfelder. Auch Kultusministerien und angegliederte Institute nehmen das Thema wieder in den Blick, Evaluationen werden angestoßen und die Qualitätsmanagement-Zyklen an Schulen nehmen wieder Fahrt auf. Auch deswegen schätzen Schulleitungen Qualitätsmanagement als sehr wichtig ein (81 Prozent). Schulträger sind verhaltener und sagen, dass nur 67 Prozent ihrer Schulen Qualitätsmanagement für wichtig erachten. Bedenkliche 33 Prozent der Schulträger stimmen sogar der Aussage zu „Qualitätsmanagement ist an meinen Schulen weniger oder kaum wichtig“. Schulleitungen beschäftigen sich regelmäßig von monatlich bis wöchentlich (78 Prozent) mit dem Thema Qualitätsmanagement.

Ein weiteres Thema, das Schulleitungen jedes Jahr als sehr wichtig einstufen, ist Personalmanagement – nicht verwunderlich angesichts des in anderen Studien und Prognosen herausgearbeiteten Personalmangels und notwendiger Personalentwicklung. Zentraler Bestandteil von Personalentwicklung sind neben Weiterbildungen auch Personalgespräche. Hier sind die zeit- und arbeitsintensivsten Faktoren Konfliktgespräche sowie die anschließende Dokumentation der Personalgespräche.

Herausfordernd gestaltet sich für Schulleitungen die Vielfältigkeit der Fortbildungswünsche seitens der Lehrkräfte (60 Prozent) sowie die Realisierbarkeit derselben (54 Prozent). Dies sehen Schulträger ähnlich. Besonders bemängeln Schulleitungen, dass Weiterbildungsinhalte nicht im Kollegium geteilt und unzureichend in den Fortbildungsportfolios der Lehrenden dokumentiert werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich an den Einschätzungen aus den Vorjahren wenig geändert hat. Sowohl Qualitäts- als auch Personalmanagement sind zentrale Schulleitungsthemen und haben einen hohen Stellenwert bei den Schulleitungen. Insbesondere das Thema Schulqualität scheint jedoch teilweise stiefmütterlich behandelt zu werden. Dies wird beispielsweise an der Fremdeinschätzung der Schulträger zum Thema Qualitätsmanagement bei ihren Schulen deutlich. Es fehle sowohl an inhaltlichen Anleitungen als auch an digitalen Unterstützungen.

Informationen – am liebsten einfach und praxisnah

Digitalisierung ist – auch mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen im Bereich KI – ein zentrales Thema und eine große Herausforderung für Schulleitungen, auch aus Sicht der Schulträger. Die Neugierde, Neues auszuprobieren, und der Druck, Zeit zu sparen, lassen Schulleitungen mit Künstlicher Intelligenz experimentieren. Ein weiterer großer Informationsbedarf besteht beim Thema Recht. Rechtliche Fachinformationen stehen bei Schulleitungen an erster Stelle bei der Frage nach ihren Informationsbedürfnissen. Der Anspruch an die Aufbereitung von Informationen ist ebenfalls klar: bitte einfach und praxisnah. Grundsätzlich fühlen sich Schulleitungen, auch aus Sicht der Schulträger, gut aufgestellt, wenn es um das Thema digitale Kommunikation geht. Die Herausforderungen, die sich hier stellen, beziehen sich insbesondere auf die Anwendungskompetenz der Beteiligten sowie die Sicherheit und den Datenschutz. Bei der digitalen Unterstützung der Schulverwaltung gibt es eine Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Schulleitungen und den Einschätzungen der Schulträger. Auch im Qualitäts- und Personalmanagement gibt es noch Verbesserungspotenzial, vor allem im Bereich der digitalen Unterstützung.

Gerda Sander

Gerda Sandner studierte Rechtswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und absolvierte ihre Referendarzeit am Oberlandesgericht Nürnberg. Sie ist seit 1996 beim Verlag Carl Link/Wolters Kluwer Deutschland und ist in der Produktentwicklung und dem Produktmanagement tätig. Bis 2004 war sie für die Publikationen für die Öffentliche Verwaltung verantwortlich, bis 2006 im Onlinemanagement der Business Unit „Öffentliche Verwaltung“ tätig. Seit 2007 ist sie Programmleiterin für Schulrecht und Schulmanagement und verantwortet das Portfolio für Schulleitungen, Schulträger und Schulaufsicht.

Bertram Güntsch

Bertram Güntsch ist Senior Product Manager bei Wolters Kluwer Deutschland. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem anschließenden juristischen Referendariat am Oberlandesgericht Nürnberg betätigt er sich seit über 25 Jahren beim Verlag Carl Link/Wolters Kluwer Deutschland und verantwortet dort eine Vielzahl von Publikationen zum Schulrecht und Schulmanagement.

Dr. Bernadette Kalkert

Dr. Bernadette Kalkert studierte Englische und Deutsche Philologie an der Georg-August-Universität in Göttingen auf Lehramt und Magister. Ihre von der Volkswagen Stiftung geförderte Promotion erfolgte über die Rolle von Verlagen bei Wertungspraktiken und Kanonisierung von Autoren. Seit über zehn Jahren arbeitet Bernadette Kalkert bei Wolters Kluwer – zunächst in der elektronischen Produktion, zuletzt im digitalen Produktmanagement mit Fokus auf Produktentwicklung und User Research.